Kleine Skigebiete wie der Loser im steirischen Altaussee rüsten deshalb um. „Unser Ansatz ist, die Weiterentwicklung als Ganzjahresdestination auszubauen, damit wir nicht mehr so sehr von einer Klimaerwärmung betroffen sind“, sagt Rudolf Huber von den Loser Bergbahnen. Derzeit sei der Umsatz mit 85 zu 15 Prozent noch sehr winterlastig.
Ähnlich am niederösterreichischen Annaberg. Die ersten Schritte wurden bereits 2017 mit neuen Angeboten für Radfahrer gesetzt. Das Land Niederösterreich, das an mehreren Bergbahnen beteiligt ist, hat in den vergangenen Jahren 82 Millionen Euro dafür aufgewendet. „Diese Mittel wurden hauptsächlich investiert, um Wintersport-Destinationen zu Ganzjahresattraktionen auszubauen“, sagt Niederösterreichs Tourismuslandesrat Jochen Danninger.
Je kleinteiliger das Angebot, desto besser, betont Elisabeth Sötz vom WWF. Das reduziere nicht nur die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Skitourismus, sondern verringere auch den einseitigen Druck auf die Ökosysteme. Denn es ist nicht nur der Klimawandel, der dem Skisport zusetzt. Es sind auch die Skigebiete, die der Umwelt zusetzen. Kulturgeograf Bätzing sagt: „Skigebiete gehören zu den großen Belastungen der österreichischen Alpen.“ Immer größer, immer mehr: Seit Jahren übertrumpfen sich große Skigebiete mit Superlativen. So lautet der Slogan der Skiwelt Wilder Kaiser-Brixental „Irrsinnig groß, irrsinnig nah“.
Österreich war lange Zeit ein Land der eher kleinen Skigebiete. Doch in den vergangenen 15 Jahren wurde kräftig aufgeholt. Bätzing geht sogar so weit: „Österreich ist mittlerweile ein Treiber im alpenweiten Konkurrenzkampf.“ Er nennt es einen „kannibalistischen Wettbewerb“, denn die ständige Expansion hat nichts mit steigenden Zahlen an Skifahrern zu tun. Diese stagnieren seit Jahren. Aktuell ist eine Verbindung der Skigebiete Vorder- und Hinterstoder geplant. Und auf dem Stubaier Gletscher soll ein Speichersee mit über 300.000 Kubikmeter Fassungsvermögen entstehen.
Den Gipfel der Monetarisierung der österreichischen Alpen stellt aber die geplante Sprengung der Gletscherspitze zwischen Pitz- und Ötztal dar. Nach heftigen Protesten ist das Projekt zwar ruhend gestellt, aber nicht zurückgezogen worden.
„Wir übersehen, dass wir zugunsten des Tourismus in eine Sackgasse gehen“, sagt Elisabeth Sötz vom WWF. Zwar habe der Wintertourismus hierzulande Regionen wie Kitzbühel und Arlberg reich gemacht. Aber mittlerweile sei die Schmerzgrenze der Ökosysteme vielerorts erreicht.
Dass der Skibetrieb in die Umwelt eingreift, liegt auf der Hand. Die Auswirkungen sind vielfältig und hängen von der Dimension des Skigebiets ab. Ein Aspekt ist der Bodenverbrauch. Durch die Planierung durch Pistenraupen wird der Boden zusammengedrückt, Wasser kann nur noch schwer aufgenommen werden. Hangrutsche und Muren sind die Folgen. Hinzu kommt die Verstädterung kleiner Dörfer. Viele Skiorte haben nur ein paar tausend Einwohner, jedoch die Infrastruktur einer mittelgroßen Stadt. Dementsprechend hoch ist Wasser- und Energieverbrauch, Umweltverschmutzung und Verkehr. Vor allem Letzteres wird unterschätzt, denn die Anreise mit dem Auto ist für den Großteil des -Ausstoßes beim Wintertourismus verantwortlich.
Ein weiterer Aspekt sind Schneekanonen. 70 Prozent der Pisten werden hierzulande beschneit. Das kostet Energie und Unmengen an Wasser. „Das Wasser für Speicherseen kommt aus natürlichen Gewässern und fehlt dann anderswo“, sagt Sötz vom WWF.
Was also tun? Alpenforscher Bätzing und WWF-Expertin Sötz sind sich einig: Es braucht einen Ausbaustopp bestehender Skigebiete. Zudem seien regelmäßige Pflege- und Stabilisierungsarbeiten notwendig, sagt Bätzing. Doch das ist teuer. Ebenso wie ein Ausbau erneuerbarer Energien. Dennoch wäre es ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Frage, ob nachhaltiges Skifahren überhaupt möglich, beantwortet Bätzing so: „Das hängt davon ab, wie streng man den Begriff ,nachhaltig’ definiert. Eigentlich dürfte man nur zu Fuß aufsteigen und auf Naturschnee bergab fahren.“ Doch soweit würde er nicht gehen. Es wäre schon hilfreich, wenn Skisportler auf kleinere Skigebiete setzen und bei der Anreise aufs Auto verzichten würden.
Immerhin sieht er in der Corona-Krise auch eine Chance. Durch den Stillstand sei der Wettbewerb gebremst, das gebe die Möglichkeit zum Innehalten: „Wo wollen wir hin? Zu einem Disneyworld im Alpenraum? Wohl eher nicht.“
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