Von ihnen erwarten sich Anleger, Analysten und Kreditnehmer weltweit ein Signal, wie es an der Zinsfront weitergeht. Was im früheren Wilden Westen gesagt oder zumindest angedeutet wird, bewegt die Märkte. Börsianer haben traditionell hohe Erwartungen in das Treffen in den Rockies.
In diesem Jahr könnte es freilich so sein, dass sich Powell und Lagarde zunächst einmal alle Optionen offenhalten und erst im September, nach Vorliegen neuer Daten, entscheiden, wie es mit den Zinsen weitergeht, sagt Finanzexpertin Monika Rosen im KURIER-Gespräch. Weitere, kleinere Zinsanhebungen seien durchaus möglich, die Inflation sei ja noch nicht besiegt. Doch könnten die nächsten Schritte nicht schon im September, sondern erst auf den übernächsten Sitzungen von Fed und EZB im Oktober erfolgen, schätzt Rosen. Sie ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen-Gesellschaft (ÖAG).
In den USA ist die Inflation zuletzt wieder leicht angestiegen, der für die US-Konjunktur so wichtige private Konsum hat stärker angezogen als erwartet und der Arbeitsmarkt ist nach wie vor in solider Verfassung. All das spricht laut Rosen für einen weiteren Zinsschritt der US-Notenbank. Auch seien die Ölpreise zuletzt wieder gestiegen.
"Der große Unterschied zu Europa ist die viel stärkere Exportabhängigkeit, beispielsweise in Deutschland. Die US-Wirtschaft ist sich selbst genug. In Europa fehlt derzeit der erhoffte Schub aus China", analysiert Rosen.
Die Märkte würden derzeit zu 40 Prozent eine Zinsanhebung der EZB im September erwarten. Wahrscheinlicher sei daher momentan ein Zinsschritt erst im Oktober. Zu schwach ist aktuell das Wirtschaftswachstum in der Eurozone. Überall geht die Angst vor einer Rezession um. Lagarde darf im Kampf gegen die Inflation die Konjunktur nicht endgültig abwürgen.
Erst im Juli haben Fed und EZB die Zinsen erneut erhöht. Die Spanne in den USA liegt aktuell bei 5,25 bis 5,5 Prozent (bei einer Inflationsrate von 3,2 Prozent). In der Eurozone betrug die Inflationsrate im Juli 5,3 Prozent, die Leitzinsen liegen nach neun Anhebungen bei 4,25 Prozent.
Aber wie weit müssen die Zinsen noch steigen?
Erst 2024 dürfte eine längere Zinspause folgen, um die Erhöhungen aus 2023 wirken zu lassen und zu sehen, ob die Inflation auch tatsächlich zurück kommt, wie so gut wie alle Ökonomen erwarten.
Doch der Kampf um die letzten Meter in Richtung des Inflationsziels von zwei Prozent sei eben auch besonders hart, sagt Rosen. Und die vielen Risiken in der Weltwirtschaft seien keineswegs über Nacht verschwunden - von einer möglichen Eskalation des Ukraine-Krieges bis hin zu einer neuerlichen Corona-Welle, um nur zwei Punkte zu nennen.
Daher dürfte auch noch geraume Zeit vergehen, bis die Leitzinsen zum ersten Mal tatsächlich wieder gesenkt werden. Auch Rosen meint, sinngemäß einen Notenbanker aus Europa zitierend, dass zunächst einmal ein Zinsniveau erreicht werden müsste, mit dem man längere Zeit relativ gut leben könne. Ob das die Kreditnehmer mit variablen Zinssätzen auch so sehen, steht auf einem anderen Blatt.
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