Investment-Profi: "Die Facebook-Welt? Heiße Luft"

Investment-Profi: "Die Facebook-Welt? Heiße Luft"
Investmentprofi Hendrik Leber: Anleger brauchen Geduld und Sturheit.

Ja, manchmal sehen wir alt aus. Aber wir machen unser Handwerk immer gleich – dazu braucht man ein Maß Sturheit", sagt Hendrik Leber. Der Gründer und Chef von ACATIS Investment in Frankfurt versteht sich als wertorientierter Anleger (Value Investor) – so wie US-Investorenlegende Warren Buffett. Er sucht mit Bilanzanalysen und Rechenmodellen Firmen, deren wahrer Wert verkannt wird.

Womöglich beurteilen andere Börsianer die Substanz, das vorhandene Geld, die Ertragskraft oder die Zukunftschancen falsch. Leber vertraut darauf, dass der innere Wert steigt und das Investment überdurchschnittlich viel Rendite abwirft. Dazu braucht man Geduld. "Wäre ich in einer großen Bank, stünde nach spätestens drei Quartalen jemand bei mir: Herr Leber, wir machen uns Gedanken. Und schon müsste ich auf einen kurzatmigen Stil umschwenken."

Hochgejubelte Trendaktien sind für ihn kein Thema. "Die Facebook-Welt, das ist im Grunde heiße Luft." Dahinter gebe es aber IT-und Computerfirmen, deren Geschäftsmodelle unterbewertet und die folglich billig seien. Dazu zählen jene, die Infrastruktur bereitstellen – wie Oracle (Datenbanken) und Qualcomm (Mobilfunk), oder IT-Firmen "alter Schule" wie Microsoft oder IBM. Bis vor kurzem zählte für Leber Medizin und Pharma dazu. Die Aktien waren wegen der "Patentklippe" verpönt – binnen weniger Monate waren für große Pharmakonzerne wichtige Patente ausgelaufen, sodass billige Generika ihnen das Geschäft streitig machen konnten. Auch Stromversorger wolle momentan kein Mensch, seit die Energiepreise gefallen sind.

Zum Anfassen

Generell die Fingern lässt der Investmentprofi von Unternehmen, deren Geschäft er nicht völlig durchschaut. "Ich muss eine Firma verstehen. Am besten, ich kann an der Kasse stehen und die Kunden zählen." Damit scheide etwa der chinesische Haushaltsgeräteerzeuger Haier aus. Der weltgrößte Produzent von Kühlschränken und Waschmaschinen erziele nämlich laut Geschäftsbericht den halben Umsatz mit nicht näher definierten Services.

Die Anleger seiner Fonds sieht Leber für Krisen gut gerüstet. "Unternehmen, die wir im Portfolio haben, werden auch morgen gebraucht. Auch nach Staatskrisen benötigen die Menschen Essen, Jeans und Sprit." An Bedrohungsszenarien mangle es nicht. Der Investmentexperte sieht etwa für Japans exorbitante Staatsschulden – 230 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung – keine Lösung. "Ich glaube, das Endspiel wird ein Trauriges sein", sagt Leber. "Der Staat wird seine Schulden nicht bedienen können. Ich weiß nicht, wann das passiert und was die Zündschnur sein wird. Aber es wird dazu kommen."

Die Staaten wüssten freilich immer, wie sie zu Geld kommen – sei es über Sondersteuern, Enteignungen, künstliche Inflation oder Geldentwertung. "Menschen, die drauf setzen, dass ihr Geld werthaltig bleibt und Staaten ihre Schulden bedienen, werden enttäuscht werden", glaubt Leber. Auch bei uns drohe Deflation über lange Zeit. Das billige Notenbank-Geld solle zwar dafür sorgen, dass sich die Menschen wohlhabender fühlen und Geld auszugeben. Das passiere aber nicht. "Private halten ihr Geld zusammen, Firmen investieren nicht. Und wo keiner konsumiert, gibt es keine Inflation." Obendrein würde das höhere Zinsen bringen. Die könnten sich aber viele Regierungen nicht leisten, weil sonst die Staatshaushalte am Ende wären.

Große Schwellenländer wie Brasilien oder Südafrika werden nicht zu den früheren Boomjahren zurückfinden, warnt der Währungsfonds. Die Weltbank senkte aus demselben Grund ihre Prognose für das globale Wachstum um fast einen halben Prozentpunkt auf 2,8 Prozent. Dazu kommen noch enttäuschende US-Daten und die Unsicherheit, wie sich die Kämpfe im Irak entwickeln werden – das lässt den Ölpreis steigen und bringt die Aktienmärkte unter Druck. Zumal auch die erste Euphorie über die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank verflogen ist.

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