Ja, viele sind schon viel preissensibler. Davon profitiert unsere Preiseinstiegsmarke Clever, unter der wir bereits 900 Produkte vermarkten. Aus meiner Sicht muss die Regierung jetzt tätig werden, um die Haushalte zu entlasten.
Wie zum Beispiel?
In der Gastronomie gab es eine temporäre Halbierung der Mehrwertsteuer. Darüber sollte die Politik jetzt im Lebensmitteleinzelhandel nachdenken. Der Handel würde diese Steuersenkung 1:1 an den Konsumenten weitergeben, die Haushalte wären sofort entlastet. Man könnte die Mehrwertsteuer über alle Kategorien hinweg oder für Grundnahrungsmittel halbieren. Wir wären für jeden Schritt in diese Richtung dankbar. Aber der Handel ist schon immer das Stiefkind der Politik gewesen.
Wie meinen Sie das?
In der Pandemie waren wir die, die Gewehr bei Fuß standen und die Versorgung aufrecht erhalten haben. Jetzt warten wir auf Unterstützung der Politik. Unsere Energiekosten explodieren, das kostet allein dem Rewe-Konzern Millionen. Wo bleibt die Deckelung oder Streichung von Energieabgaben, etwa der Netzabgabe? Wir erwarten, dass jetzt auch wir – und nicht wieder nur die Industrie – unterstützt werden. Bisher gingen die Preissteigerungen bei Energie und im Einkauf zu Lasten unserer Marge. Auf Dauer kann das aber so nicht weitergehen. Wir sind irgendwann gezwungen, die Regalpreisen zu erhöhen.
An den Stammtischen wird derweil diskutiert, wie die sprichwörtliche Billa-Kassiererin bei einer Inflation von sechs Prozent noch über die Runden kommen kann. Trifft Sie das als oberster Billa-Chef?
Wir haben zuletzt wirklich viel getan, um dieses Klischee zu relativieren. Wir waren bei der Anpassung der Kollektivvertragsgehälter sehr progressiv. Das Einstiegsgehalt liegt mittlerweile bei 1.800 Euro brutto. Und wir bieten viele zusätzliche Leistungen, alle Mitarbeiter bekommen beim Lebensmitteleinkauf fünf Prozent Rabatt, Logistikmitarbeiter bekommen den Führerschein von uns bezahlt ...
Trotzdem können Sie aktuell im Konzern rund 3.000 Stellen nicht besetzen ...
Das liegt auch daran, dass wir aufgrund der Expansion immer mehr Mitarbeiter brauchen. Allein dieses Jahr eröffnen wir bis zu 34 neue Billa- und Billa-Plus-Märkte und benötigen auch in der Logistik mehr Personal. In der Logistik haben vor der Pandemie viele Mitarbeiter aus Ungarn gearbeitet. Viele haben sich in der Pandemie einen Job in ihrem Heimatland gesucht und kommen nicht wieder. Speziell in Oberösterreich, wo wir die Konkurrenz vieler Industrieunternehmen haben, tun wir uns bei der Mitarbeitersuche schwer.
Hoffen Sie auf Mitarbeiter aus der Ukraine?
Ich kenne Kiew, habe vier Jahre dort gelebt und gearbeitet und bin vom Krieg dort sehr betroffen. Wir führen Gespräche, damit die Formalitäten geklärt sind, und wir Leute aus der Ukraine aufnehmen können. Wichtig ist, dass die Leute schnell integriert werden.
Die Gewerkschaft fordert bei den Kollektivvertragsverhandlungen der Elektroindustrie gerade ein Plus von sechs Prozent. Werden hohe Abschlüsse die Inflation verfestigen?
Dem Rewe-Konzern kostet jedes Prozent mehr KV-Lohn einen zweistelligen Millionenbetrag. Bisher haben wir diesen in der Verwaltung eingespart, etwa durch die Zusammenlegung der Zentralen von Billa und Billa Plus. Bei der Kassiererin haben wir nicht gespart. Es ist aber auch klar, dass wir nicht alle Erhöhungen schlucken können und irgendwann die Preise erhöhen müssen.
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