Industriegruppe B&C könnte Mehrheit bei Lenzing, Amag und Semperit abgeben
Bei der B&C-Holding läuft das Geschäft längst nicht mehr rund. Die drei Kernbeteiligungen von Österreichs zweitgrößter Industriegruppe nach der Staatsholding, Lenzing, Semperit und die Aluminiumschmiede Amag, stecken in veritablen Problemen. „Die goldenen Zeiten der Globalisierung sind vorbei“, konstatiert Wolfgang Hofer, Aufsichtsratschef und Vorstand der B&C-Privatstiftung, die Eigentümerin der Holding ist.
Weshalb die Holding nun ihr „jahrzehntelanges Dogma“ aufgibt, immer 50 plus ein Prozent an den Beteiligungsunternehmen zu halten. Heißt im Klartext, die Holding ist bereit, strategische internationale Partner für die drei börsenotierten Industrieunternehmen hereinzunehmen und ihre Anteile selbst bis auf eine Sperrminorität von 25 plus 1 Prozent zu reduzieren.
Es gab bereits viele Anfragen
In den vergangenen Jahren hätten viele Investoren angefragt, seien aber abschlägig beschieden worden. Nun jedoch würden Gespräche mit Interessenten geführt, aber fix ist noch nichts. Kurzfristig ausgerichtete Finanzinvestoren kommen nicht infrage. Die Holding selbst will keine Anteile abgeben.
Die drei Unternehmen, deren Börsenkurse eingebrochen sind, gehörten ehemals zum Industrie-Imperium der Bank Austria und wurden in eine Stiftung eingebracht. Damit gelang es, sie in Österreich zu halten und gegen feindliche Übernahmen samt Zerschlagung abzusichern.
Stark exportorientiert und international aufgestellt, brachten die globalen Verwerfungen – von Corona bis zur Textilkrise – die Firmen unter Druck, vor allem den Faser-Hersteller Lenzing. Dort wurden bereits 800 Jobs abgebaut und 1,5 Milliarden Euro investiert, aber derzeit läuft wieder ein striktes Sparprogramm. Die B&C sei „solide aufgestellt und langfristig konservativ finanziert“ (Holding-Geschäftsführer Thomas Zimpfer). Doch die österreichischen Standorte „müssen wettbewerbsfähig bleiben, B&C kann diese nicht auf Dauer durchfüttern“, sagte Hofer am Montag vor Journalisten.
Die Kernbeteiligungen der B&C beschäftigen weltweit derzeit rund 15.000 Mitarbeiter, rund 6000 davon in Österreich.
Management-Fehler
Hofer räumte ein, dass in den vergangenen Jahren auch Fehler passiert seien. Die Holding habe zwar versucht, die Aufsichtsräte der Beteiligungen kompetent zu besetzen. „Wir können aber nicht vorgeben, was zu tun ist, sondern nur warnen. Aus heutiger Sicht haben wir teilweise zu wenig gewarnt, was auf uns zukommt“, konstatiert Hofer durchaus selbstkritisch.
Als großen Fehler bezeichnete Hofer die Übernahme des niederösterreichischen Verpackungsherstellers Schur Flexibles mit 2.200 Mitarbeitern. Man sei auf ein „von raffinierten Gaunern aufgelegtes Betrugsprodukt hereingefallen“. B&C habe das Unternehmen gründlich geprüft, aber es habe sich herausgestellt, „dass nicht nur die Bilanzen, sondern Tausende Buchungen gefälscht waren“. Der KURIER berichtete.
Kriminalfall
2022 gab B&C Schur Flexibles an den US-Fonds Apollo und die Gläubigerbanken ab. Mittlerweile heißt das Unternehmen adapa. Zimpfer beziffert den Schaden für B&C aus dem Deal mit den 300 Millionen Euro Kaufpreis, dazu würden sich rund 100 Millionen Euro an Kosten für Gutachter und Anwälte summieren. Anwälte in etlichen Ländern, von Österreich bis in die USA, würden nach wie vor in der Causa recherchieren. Für Juristen renommierter US-Kanzleien belaufen sich die Stundensätze auf 1600 bis 2000 Dollar.
120 Millionen Euro erhielt B&C kürzlich an Schadenskompensation von einer Versicherung zurück. Bei der Übernahme von Schur Flexibles sei die Korrektheit der Bilanz versichert worden.
Derzeit läuft noch ein Schiedsverfahren in Frankfurt und die WKStA ermittelt gegen sieben Beschuldigte, unter anderem wegen Bilanzfälschung und Untreue, erklärt Zimpfer. Beschuldigte seien das Ex-Management von Schur Flexibles sowie ein Vertreter des Verkäufers, des US-Fonds Lindsay Goldberg. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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