Energiepreise: Industrie geht der Ökostromausbau zu langsam

SPD zur Windkraft
Umfrage: Unternehmen fürchten um Wettbewerbsfähigkeit und Versorgung. SPÖ-Kritik an Regierung: 2021 verlorenes Jahr für Klimaziel 2030

Er fühle sich als leidgeprüfter Unternehmen wie in einem Schützengraben, „von allen Seiten wird man beschossen und kann sich nicht wehren“. Der Industrielle Robert Schmid greift angesichts der exorbitant gestiegenen Energiepreise zu einem drastischen Vergleich. „Die Situation ist tatsächlich dramatisch“, warnt auch der Papier-Industrielle Thomas Salzer, Vize-Obmann der Industrie-Sparte in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

950 heimische Unternehmen wurden in den vergangenen Wochen im Auftrag der Sparte über die Auswirkungen der Energiepreise befragt. 83 Prozent bezeichnen den Höhenflug als „problematisch“ oder „sehr problematisch“, vor allem, weil sie die Preissteigerungen oft nicht an ihre Kunden weitergeben könnten. Etliche Unternehmen, deren Energiepreise sich verdreifacht hätten, klagen bereits über Liquiditätsprobleme.

Die höheren Produktionskosten würden die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie massiv belasten. Zwei Drittel der energie-intensiven Industrie sehen sich gegenüber Konkurrenten in Deutschland im Hintertreffen. Gegenüber den außereuropäischen Mitbewerbern beurteilen beinahe 80 Prozent dieser Betriebe die Lage als problematisch. Quer durch die Branchen klagen fast 60 Prozent aller Unternehmen über Wettbewerbsprobleme. Für 40 Prozent der energieintensiven Industrie sei die Verlagerung von Produktionsaufträgen ins Ausland eine Option.

Interview Thomas Salzer

Papier-Industrieller Thomas Salzer

Versorgungssicherheit

Was die künftige Versorgung betrifft, sind viele Unternehmen skeptisch. Kurzfristig rechnen 39 Prozent der Betriebe mit Problemen bei der Gasversorgung und 57 Prozent bei Strom. Mittel- und langfristig sind die Werte noch höher.

Die Industrie-Vertreter urgieren daher den rascheren Ausbau der erneuerbaren Energien wie Windkraft, Fotovoltaik und Biomasse und fordern, die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler möge „sich aus ihrem Elfenbeinturm bewegen“.

Mit der derzeitigen Länge der Genehmigungsverfahren und den Problemen bei der Versorgungssicherheit sei es gar nicht möglich, das Klimaziel 2030 von 100 Prozent Ökostrom überhaupt zu erreichen, betonte Salzer. Besonders wichtig sei die Netzstabilität. Wiewohl die Industrie grundsätzlich zu den Klimazielen stehe.

Verordnungen überfällig

 

Auch SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll kritisiert die Regierung, weil immer noch die notwendigen Verordnungen für das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz fehlen. „Anstelle der vielen neuen Anlagen zur Gewinnung des grünen Stroms stehen die Baumaschinen still“. 2021 sei bereits ein verlorenes Jahr für das Klimaziel 2030.

 

PK "EINIGUNG BEIM ERNEUERBAREN-AUSBAU-GESETZ": SCHOLL

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll

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