Industrie fordert Vorrang bei Corona-Impfungen

Industrie fordert Vorrang bei Corona-Impfungen
Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, befürchtet Wettbewerbsnachteile gegenüber rascheren Impf-Nationen.

In der Industriellenvereinigung (IV) wächst die Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der Regierung im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Die Lieferung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus sei ein Moment gewesen, auf den man sich gefreut habe, sagt IV-Präsident Georg Knill. Nun, da er da sei, müsse man feststellen, dass offenbar zu wenig Dosen bestellt worden seien, um in Österreich rasch flächendeckend zu impfen. Das werde noch Wochen und Monate dauern.

Enttäuschung

Auch sei die Impfstrategie noch nicht klar kommuniziert worden. „Das ist eine Enttäuschung, milde gesagt. Wir hätten erwartet, dass das alles viel schneller geht“, sagt Knill. Wenn man sich nun weitere Monate mit Testungen und Teilschließungen herumschlagen müsste, wäre das inakzeptabel. Er ortet Versäumnisse der Politik.

Unter den Mitarbeitern der Industrie sei die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, hoch. Viele hätten die Nase von den Corona-Maßnahmen auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene voll. Auch bei ihnen wachse der Unmut, dass die Impfungen so langsam voranschreiten würden.

"Stütze der Wirtschaft"

Es sei zwar richtig, dass zuerst die vulnerablen Gruppen geimpft werden, doch danach sollten sofort die Mitarbeiter der exportorientierten Industrie an die Reihe kommen. „Das ist die Stütze der österreichischen Wirtschaft.“ Nur so könne Österreich am Aufschwung nach der Pandemie partizipieren.

Andernfalls würden Wettbewerbsnachteile gegenüber Ländern entstehen, die beim Impfen schon weiter vorne sind und bei ihren Kunden auf den ausländischen Märkten sein könnten. Diese Präsenz sei für die Exportwirtschaft essenziell. Eine Frage werde auch sein, wie ein digitaler Impfnachweis funktionieren könne. Es dürfe nicht passieren, dass „wir mit Zetteln herumlaufen, die international nicht gelten“.

Spannendes Experiment

Von einer Impfpflicht hält Knill nicht viel: „Das Thema wird in der Öffentlichkeit überstrapaziert.“ Man habe bei den Testungen eine große Bereitschaft gesehen, die Leute würden an ihren Schutz denken und die Normalität zurückhaben wollen. Er glaubt, dass die Impfbereitschaft steigt, je mehr Menschen sich impfen lassen. Ein Übriges würde die Urlaubssaison im kommenden Sommer tun, die viele Reisende dazu motivieren werde, sich zu immunisieren.

Auch über eine Testpflicht wolle er nicht diskutieren, wichtiger sei es, die Impfungen voranzutreiben. Statt Bestrafungen für Impfunwillige schlägt er positive Anreize und fachliche Aufklärung vor.

Dass sich Bund und Länder die Durchführung der Impfung aufteilen (der Bund stellt die Dosen zur Verfügung, die Länder organisieren die Impfungen selbst), hält Knill für einen „spannenden Feldversuch des Föderalismus“. Es sei nur zu hoffen, dass dadurch nicht noch eine organisatorische Ebene geschaffen werde und kein Wettbewerb zwischen den Bundesländern untereinander entstehe.

Weniger Effizienz

Die Produktion der österreichischen Industrie ist trotz allem aufrecht, doch es könnte einfacher sein, meint Knill. Es werde alles Nötige für den Schutz der Mitarbeiter bereitgestellt, Belegschaften ein bis zwei Mal pro Woche getestet und wenn möglich Homeoffice gemacht. Allerdings entstünden dadurch höhere Kosten, auch sinke die Effizienz.

Österreichs Industrie hat eine Million Beschäftigte. Der Umsatz liegt bei 120 Milliarden Euro, das sind 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

 

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