Wohnungsneubau auf Rekord-Niveau, Kaufpreise steigen um 8 Prozent
Baustellen und Kräne kennzeichnen in vielen Städten und Gemeinden das Straßenbild, egal wohin man blickt. „Es wird so viel gebaut wie nie zuvor“, bringt Matthias Grosse, Geschäftsführer der Bauträgerdatenbank Exploreal, die aktuelle Zahlen zu den bundesweiten Neubauprojekten auf den Punkt. Für die Erhebung wurden Projekte ab fünf Einheiten und Dachgeschoßausbauten ab drei Einheiten analysiert.
Viele neue Wohnungen in Bau
Zwischen 2020 und 2022 wurden und werden 138.600 Wohneinheiten in Österreich errichtet. Im Jahr 2021 waren es österreichweit rund 45.000 Wohneinheiten, die fertiggestellt wurden. Heuer sind sogar 51.500 neue Wohnungen in der Pipeline, das sind um 18 Prozent mehr als in den Vorjahren. Und das, obwohl es lediglich einen Zuwachs von 30.000 Haushalten gibt – der Bedarf momentan also nicht in dieser Höhe gegeben ist.
Eisenstadt: Hier ist am meisten in Bau
Bezogen auf die Bevölkerung pro 1.000 Einwohner wird in Eisenstadt am meisten gebaut, gefolgt von Graz und Wien. Von den errichteten Wohnungen entfallen 41 Prozent auf Wien. Damit liegt die Bundeshauptstadt zwar prozentuell vorne, bezogen auf die Bevölkerung pro 1000 Einwohner wird allerdings in Eisenstadt und Graz am meisten gebaut. Doch das könnte sich rasch ändern, mit dem Rekord-Neubau könnte es in ein bis zwei Jahren wieder vorbei sein, wie Gerald Gollenz, Obmann-Stellvertreter des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, sagt. Und: die neuen Wohnungen werden dann gebraucht werden.
Stahlpreis verteuert neue Wohnungen
Warum das so ist, erklärt Michael Pisecky, Obmann-Stellvertreter der Immobilien- und Vermögenstreuhänder mit dem Ressourcen-Engpass. So habe eine Tonne Stahl vor einem Jahr noch 800 Euro gekostet, heute liege der Preis bei 1.500 Euro. „Allein wegen dem gestiegenen Stahlpreis werden neue Wohnungen um 15 bis 20 Prozent teurer“, so Pisecky. Manche Projekte würden dadurch später fertiggestellt, andere verschoben, die Entwickler warten ab. „Es ist damit zu rechnen, dass der Wohnungsneubau wesentlich zurückgehen wird“, betont Pisecky. In ein oder zwei Jahren würden wegen der hohen Kosten die Planungs- und Baukapazitäten zurückgefahren werden, ist Gollenz überzeugt. Dadurch werden die Fertigstellungsraten sinken, vor allem in den weniger guten Lagen. Dann würden jene Wohnungen, die jetzt eventuell am Bedarf vorbeigebaut würden, gebraucht werden.
Mieten und Kaufpreise
Die Wohnungsmieten im Neubau steigen laut den Experten von Exploreal jährlich moderat um zwei bis drei Prozent. Eigentumswohnungen hingegen verteuerten sich in den vergangenen Jahren um rund zehn Prozent pro Jahr. Die Durchschnittswohnung in Österreich ist derzeit knapp 68 Quadratmeter groß. Und die Mehrheit der neu errichteten Wohneinheiten, konkret 61 Prozent, werden von gewerblichen Bauträgern errichtet, lediglich 39 Prozent von gemeinnützigen Bauträgern. Wenn man sich ansieht, wo gekauft und gemietet wird, dann ist eine Tendenz zum Land erkennbar, einfach weil es dort billiger ist, so die Experten. 90 Prozent der Neubauten verfügen – nicht nur am Land, sondern vor allem in der Stadt – über einen Freiraum in Form eines Balkons, einer Terrasse oder sogar eines Gartens. Denn Wohnungen ohne Freiraum sind heute fast nicht mehr zu vermarkten.
Seit Jahren sind die Wohnungspreise in Österreich im Steigflug. 2020 verteuerten sie sich um sieben Prozent, 2021 sogar um 11,8 Prozent. Wie sich die Kaufpreise heuer entwickeln, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die das Marktumfeld beeinflussen: Auf der einen Seite ist die Teuerung ein großes Thema, aber auch die steigenden Zinsen. „Die Teuerung frisst das Wachstum auf“, sagt der Chefanalyst von Raiffeisen Research, Peter Brezinschek. Die extremen Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen machen die Herstellung von Waren wie Baustoffen unrentabel.
Die Baupreise seien um 25 Prozent gestiegen, so Reinhard Karl, Generaldirektor Stellvertreter der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien. Aber auch die privaten Haushalte verlieren an Kaufkraft. Dass die FMA neue und strengere Kreditvergabestandards mit 1. Juli vorschreibt, könnte zu Vorzieheffekten bei der Immobilienfinanzierung führen. Konkret, dass vor dieser Änderung noch schnell Finanzierungen abgeschlossen werden.
Hinzu kommt: „Die Zinswende ist vollzogen“, betont Brezinschek. Derzeit gibt es noch Fixzinsen für Wohnkredite unter 1,5 Prozent, Mitte 2023 werden sie aber um 1,5 bis zwei Prozentpunkte steigen. Wie sich diese Faktoren auf die Preisentwicklung für Wohnimmobilien heuer auswirken? Die Kaufpreise für Wohnimmobilien werden heuer um weitere acht Prozent zulegen, die Dynamik wird im ersten Halbjahr größer sein. Danach jedoch könnte die Neuregelung der Kreditvergabe als Preisbremse wirken.
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