Wohnungseigentum: Nutzen Sie Ihr Stimmrecht
Wohnungseigentum endet nicht an der eigenen Eingangstüre. Im Gegenteil, wie Bruno Schwendinger, Geschäftsführer der EHL Immobilien Management GmbH, erklärt: „Die Eigentümer besitzen zusammen eine gesamte Liegenschaft mit allen dazugehörigen Allgemeinteilen. Es ist wichtig, dass man sich bei Eigentümerversammlungen einbringt, damit man hoffentlich nachhaltig Freude mit der Immobilie hat.“
Und auch der Wert der Immobilie gesichert wird. Schließlich entscheidet die Hausgemeinschaft über wichtige Investitionen in die Instandhaltung genauso wie etwa über den Aufzugseinbau, die Herstellung eines barrierefreien Zugangs oder die Umgestaltung allgemeiner Teile, wie etwa eine Spielanlage.
Eigentümerversammlung
Aus diesem Grund muss alle zwei Jahre eine Eigentümerversammlung durch den Verwalter einberufen werden, und zwar auch dann, wenn es keine besonderen Besprechungspunkte gibt. Tag und Zeitpunkt der Eigentümerversammlung müssen so gewählt werden, dass möglichst viele Wohnungseigentümer daran teilnehmen können. „Die Versammlung ist eine tolle Gelegenheit, wo man zusammen Dinge besprechen kann und auch eine Tendenz erkennt, was den Eigentümern wichtig ist. Dieses Gefühl bekommt man nur, wenn viele Eigentümer zusammen kommen“, so Schwendinger.
Seit der Corona-Pandemie bieten Hausverwaltungen auch die Möglichkeit an, online teilzunehmen. Leider nutzen die Eigentümer sehr oft nicht ihr Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht. Das bestätigt auch Bruno Schwendinger: „Wir sehen, dass die Teilnahme an Versammlungen größer ist, wenn die Eigentümer auch selbst in der Liegenschaft wohnen (Eigennutzer). Eigentümer, die Wohnungen rein zu Anlagezwecken gekauft haben, zeigen tendenziell weniger Interesse an den Versammlungen.“
Neuerungen ab 1. Juli
Da die Erfahrungen der vergangenen Jahre gezeigt haben, dass die Teilnahme der einzelnen Eigentümer immer seltener wurde, hat der Gesetzgeber neue Abstimmungsbedingungen ermöglicht.
Ab 1. Juli 2022 kommen Beschlüsse auch zustande, wenn zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile (nach Grundbuch) ihre positive Stimme abgegeben hat und zwei Drittel aller abgegeben Stimmen für die Umsetzung sind. Anton Holzapfel, ÖVI-Geschäftsführer, erklärt die Folgen: „Passiven Eigentümern kommt nunmehr weniger Gewicht zu. Der Druck auf Wohnungseigentümer wird verstärkt, ihre Mitwirkungsbefugnisse auch aktiv wahrzunehmen.“ Der EHL-Experte sieht die Gesetzesänderung positiv: „Die Änderungen sind sehr sinnvoll, weil Entscheidungen leichter umgesetzt werden können. Bei mangelndem Interesse von einzelnen Eigentümern kamen leider oft gute Umsetzungsideen bei den Beschlussfassungen nicht zustande, weil eine nicht abgegeben Stimme als Nein gezählt werden musste.“
Hausverwaltung
Die Hausverwaltung spielt generell für Wohnungseigentümer eine wichtige Rolle. Ihr Tätigkeitsbereich ist gesetzlich geregelt. Die Hausverwaltung hat im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben die Interessen der Wohnungseigentümer zu vertreten und dabei wirtschaftlich, sparsam und zweckmäßig vorzugehen. Die Wohnungseigentümer beauftragen eine Hausverwaltung, indem sie ihr eine Vollmacht erteilen. Dies geschieht entweder direkt im Kaufvertrag oder durch eine gesonderte Vollmacht.
Abgesehen von der Einberufung der Eigentümerversammlung zählen zur Führung einer ordentlichen Verwaltung darüber hinaus beispielsweise die Einhebung und Bezahlung der Abgaben, die Überwachung des Bauzustandes, die Beaufsichtigung der Hausreinigung oder die Vertretung der Eigentümergemeinschaft nach außen, etwa gegenüber Behörden.
Betriebskosten
Nicht vergessen darf man das große Kapitel der Betriebskosten: Die Hausverwaltung ist nämlich auch verpflichtet, eine „richtige und gehörige“ Abrechnung über die Betriebskosten und die Rücklagen zu erstellen. Sämtliche Ausgaben und Einnahmen müssen darin aufgelistet sein.
Ergibt sich bei der Betriebskosten-Abrechnung ein Guthaben, so ist dieser Betrag jedes Jahr bis spätestens 1. August anteilig den Wohnungseigentümern gutzuschreiben oder zurückzuerstatten. Waren die Betriebskosten-Vorauszahlungen dagegen zu niedrig angesetzt, so muss der Fehlbetrag durch die Hausverwaltung ebenfalls bis zum 1. August eingefordert werden.
Die Hausverwaltung muss in der jährlichen Vorausschau jene Erhaltungsmaßnahmen ankündigen, die in absehbarer Zeit anfallen werden. Damit sind solche Arbeiten gemeint, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen. Des Weiteren sind geplante Verbesserungsarbeiten bekanntzugeben. Gleichzeitig müssen die Kosten kalkuliert und die Beiträge für die dafür benötigten Rücklagen ausgewiesen werden. Für die Rücklagen muss jeder Wohnungseigentümer seinen Beitrag entsprechend seiner Anteile bezahlen.
Zustimmung verweigern?
Kann man die Zustimmung verweigern, wenn die Kosten dafür sehr hoch sind? „Nur, weil Kosten sehr hoch sind, hat man kein Einspruchsrecht“, erklärt Bruno Schwendinger. „Häufig wird in den Verwaltungsvereinbarungen mit der Wohnungseigentumsgemeinschaft genau vereinbart, ab welchen Kosten Vergleichsangebote einzuholen sind. Manchmal wird auch geregelt, dass bei einer bestimmten Höhe von Kosten vorab ein Umlaufbeschluss zu machen ist, ob die Mehrheit der Eigentümer für diese Ausgabe ist. Eine solche Restriktion mit dem Umlaufbeschluss ist allerdings dann sehr kritisch, wenn eine Maßnahme eigentlich dringend erforderlich ist, man sie aber ohne der Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht möglich ist.“
Sollten die Kosten nicht durch die Rücklagen gedeckt sein, kann aber laut ÖVI zumindest eine Erleichterung erwirkt werden: Jeder einzelne Wohnungseigentümer kann bei Gericht eine Entscheidung beantragen, dass ihm Ratenzahlung bezüglich dieser nicht gedeckten Kosten gewährt wird.
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