Allein daheim: Wie es Menschen in Single-Wohnungen geht
Allein zu wohnen ist für Victoria Horvat nichts Ungewöhnliches. Seit ihrem Umzug nach Wien im Jahr 2006 führt die 37-Jährige einen Single-Haushalt auf 56 Quadratmetern. „Meine Wohnung ist mein Rückzugsort, hier kann ich tun und lassen, was ich will und muss nichts rechtfertigen“, sagt Horvat. „Jetzt, mit den Ausgangsbeschränkungen, gehen mir die sozialen Kontakte aber schon ab.“
Seit Beginn der Eindämmungsmaßnahmen vor vier Wochen hat sich das Leben der Kulturprojektmanagerin völlig verändert. Ihr Arbeitsalltag fällt weg, ihre Ausstellung ist seit einem Monat geschlossen. „Die Tage sind unstrukturierter, ich gehe spät schlafen und stehe spät auf.
Da ich das Zwischenmenschliche stark vermisse, telefoniere ich oft stundenlang.“ Mit der verordneten „sozialen Distanz“, die eigentlich physische Distanz meint, fallen für Horvat alle Treffen weg. „Es wird zwar geraten, nur mit Mitbewohnern aus der Wohnung spazieren zu gehen.
Aber man hat dabei nicht an all die Single-Haushalte gedacht. Wer allein lebt, der hat sein soziales Umfeld außerhalb seiner vier Wände.“ Die Maßnahmen könnten Alleinlebende wie sie nur schwer einhalten. „Ich treffe mich gelegentlich – mit Sicherheitsabstand – mit einer Freundin zum Spazieren. Sonst fällt mir die Decke auf den Kopf.“
1.493.361 Menschen leben allein
Einpersonenhaushalte sind kein neues Phänomen. Victoria Horvat ist eine der 1.493.361 Menschen in Österreich, die allein leben. Generell schrumpft die Haushaltsgröße in Österreich seit Jahren.
Im Durchschnitt teilen sich heute 2,22 Personen einen Haushalt, 1984 waren es noch 2,7 Personen, zeigt ein aktueller Wohnungsmarktbericht des Immobilienunternehmens Ehl. „Mehrgenerationenhaushalte wie in den 50-er-Jahren gibt es kaum noch“, sagt Ehl-Immobilienexpertin Sandra Bauernfeind dazu. „Von den rund 13.000 Wohnungen, die wir in Wien vermieten, werden zwischen 70 und 80 Prozent nur von ein bis zwei Personen bewohnt.“
Was sind die Ursachen?
Die Ursachen dahinter seien vielfältig, sagt Michael Pech, Vorstandsvorsitzender des Österreichischen Siedlungswerk. „Es ziehen immer mehr junge Menschen aus ihrem Elternhaus aus und suchen nach einer leistbaren Wohnung in der Stadt.
Hinzu kommen Berufspendler, die nur werktags in die Stadt pendeln und eine Wohnung brauchen.“ Zudem würden auch immer mehr Männer und Frauen mittleren Alters allein leben. Den größten Teil der Singlehaushalte stellen aber nach wie vor allein lebende Senioren.
Trend wird stärker
Prognosen zufolge wird sich der Trend noch weiter verstärken. Bis 2080 soll der Anteil an Einpersonenhaushalten in Wien um 30,7 Prozent auf 549.799 Haushalte steigen. Das stellt auch Wohnungsentwickler vor Herausforderungen. „Derzeit liegen wir in Wien bei 45 Prozent an Single-Haushalten.
Bei der ÖSW denke man darüber nach, Wohnungen in Zukunft großzügiger zu planen. Pech: „Die Krise könnte zu einer Bewusstseinsänderung führen. Wir verbringen viel mehr Zeit in der Wohnung und nehmen wahr, wie viel Raum wir eigentlich brauchen.“
Wir haben u.a. unser Angebot von Serviced Apartments oder Smart-Wohnungen an die Bedürfnisse von Menschen in verschiedenen Lebensphasen angepasst, für die es noch vor rund zehn Jahren nichts Passendes in Wien gab“, sagt Pech.
Auch die Stadt Wien setzt künftig verstärkt auf diese Wohnkategorie, die mit ihren kompakten Grundrissen, rund 65 Quadratmeter groß, speziell für Jungfamilien und Paare, aber auch für Singles oder Alleinerzieherinnen geeignet sind.
Jede zweite geförderte Wohnung werde als Smart-Wohnung errichtet, sagt Wolfgang Zwander, Pressesprecher der Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal.
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