Was macht die Stadt für Sie als Architektin so interessant?
Kopenhagen hat sich in den vergangenen 15 Jahren sehr verändert. Früher war der Trend, aus der Stadt hinaus aufs grüne Land zu ziehen. Das hat sich komplett gedreht, heute wollen die Menschen wieder in der Stadt leben. Man hat erkannt, dass man die Autos aus der Stadt bringen muss, um mehr Platz für die Menschen zu schaffen. Der öffentliche Raum spielt eine sehr große Rolle. Dort soll es Aufenthaltsqualität geben. Er soll maximal genutzt werden. Zum Beispiel am Israel-Platz. Hier finden wir eine Doppelprogrammierung. Er ist ein innerstädtischer Platz für die Bewohner, wo es am Wochenende einen Flohmarkt gibt und Sport gemacht wird und gleichzeitig ist er ein Schulhof.
Wieso funktioniert das Konzept?
Es wird nicht alles bis ins letzte Detail geregelt oder reglementiert. Es gibt z. B. keinen Zaun. Dänen sind pragmatischer, offener. Sie vertrauen der Gesellschaft, vom Kind bis zum Senior. Für den Schulhof gilt: Wenn ihr draußen spielt, dürft ihr den Platz nicht verlassen.
Sie sprechen in diesem Zusammenhang vom urbanen Wohnzimmer. Wie kann man sich das vorstellen?
Der öffentliche Raum soll soviel Aufenthaltsqualität haben, dass er wie ein erweitertes Wohnzimmer genutzt wird. Wenn er für alle da ist, passt man auch darauf auf. Die Bewohner sollen sich wohlfühlen. Man braucht zum Beispiel Schatten spendende Bäume und Sitzmöbel, die zueinander schauen, damit man kommunizieren kann.
Cobe hat den Masterplan für den Nordhafen gewonnen. Wie entwickelt sich das Leben am Wasser?
Wir sind gerade mittendrin, das Projekt geht über rund 30 Jahre. Insgesamt geht es um 360 Hektar, Insel für Insel wird entwickelt. Wir haben auch unser Büro dort. Das Gebiet ist wie ein Laboratorium. Wir sehen, was funktioniert gut, was funktioniert weniger und lernen daraus. Die Hafenpromenade spielt eine zentrale Rolle, geflutete Kanäle laden zum Schwimmen ein. Der Hafenbus erschließt das Gebiet über das Wasser.
Wie sieht die Mobilität in diesem Stadtentwicklungsgebiet aus?
Im Projekt Nordhafen machen wir es den Autofahrern schwer. Sie müssen zick-zack auf einer Erschließungsstraße durch das Quartier fahren. Fußgänger, Radfahrer finden direkte Wege, wo auch das Tempo herausgenommen wird. Ein Mobilitätshub ist entstanden. Dort gibt es die Metro und das Parkhaus für die Autos, man kann von dort auf Fahrrad und Hafenbus (Fähre) umsteigen.
Was wird jetzt anders gemacht?
Weniger versiegelte Flächen, damit man gegen Starkregenereignisse gewappnet ist, und mehr Bäume und Grünflächen gegen Überhitzung wird es geben.
Was kann sich Kopenhagen von Wien abschauen?
Bei der Bauweise können wir uns etwas abschauen. Wir bauen viel in Stahlbeton. Holz-Hybrid-Bauten wie in Wien sind erst langsam im Kommen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Stadtentwicklung?
Es wird wichtig sein, dass wir den urbanen Ort weiterentwickeln. Es muss ein No-Go sein, dass wir auf der grünen Wiese bauen. Man muss verdichten. Wir brauchen Gebäude, die so robust und flexibel sind, dass sie lange Bestand haben und für verschiedene Nutzungen offen sind.
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