Leerstand in Gemeinden ist keine Seltenheit. Oft verkommt ein ungenutztes Gebäude zu einem Schandfleck. Drei Beispiele zeigen, wie Gemeinden alte Gebäude zum Leben erwecken.
Hoch über Velm-Götzendorf im Weinviertel, eingebettet zwischen den Weingärten und der Dorfkirche, liegt die alte Volksschule seit langer Zeit im Dornröschenschlaf. Der Putz bröckelt von der Fassade des sonnengelben Gebäudes aus dem Jahr 1865. Bürgermeister Gerald Haasmüller sperrt für unseren Besuch die Türe zur alten Schule auf.
Seit 50 Jahren werden hier keine Schüler mehr unterrichtet. Und das merkt man: Die feucht-kalte Luft des ungenutzten Gebäudes dringt gleich in die Nase. Nur gelegentlich trifft sich hier noch der Seniorenverein und der Krippenbau-Verein zum Handwerken. Nun will der Bürgermeister dem historischen Gebäude neues Leben einhauchen. Es soll umfassend saniert, mit einem neuen nachhaltigen Heizsystem ausgestattet und danach wieder von der Bevölkerung genutzt werden. „Wir wollen als Gemeinde Vorbild sein und Leerstand bekämpfen“, so Haasmüller.
Mitte April wurde das Projekt den Dorfbewohnern im Turnsaal der Schule präsentiert. „Das Interesse war groß“, erzählt Julia Horvath. Die Architektin von DenkMalNeo begleitet das Projekt.
„Die Besucher konnten sich bei einer Ausstellung über die geschichtliche Entwicklung der Schule, das Gebäude und den folgenden Prozess informieren, bevor sie ihre Ideen und Wünsche auf der Tafel hinterlassen konnten. Die Tendenz geht Richtung öffentlicher Nutzung – Räume für die Jugend, für Weiterbildung mit unterschiedlichen Kursen und Werkstätten. Wohnungen sehen die Bürger dort eher weniger.“ Ende September möchte Bürgermeister Gerald Haasmüller die Pläne einreichen.
Helga Noack und Gerald Haasmüller in der alten Schule von Velm-Götzendorf
Nachhaltig schöne Bausubstanz erhalten: Das ist das Ziel von „DenkMalNeo – Werkstatt guten Bauens“. Geschäftsführerin Helga Noack wendet sich mit ihrer Expertise an Immobilieneigentümer, die ihren Leerstand aktivieren wollen. „Wir erstellen eine Machbarkeitsstudie, untersuchen die Substanz. Auch das Antragswesen liegt in unseren Händen. Für die alte Schule haben wir etwa beim Brachflächendialog, einer Förderung des Umweltministeriums, eingereicht und eine Förderzusage bekommen. Weitere Förderungen könnten folgen.“
Aktion sucht Leerstand
In Österreich gibt es viele ungenutzte Gebäude, die dem Verfall preisgegeben sind. Deshalb hat Helga Noack im Jahr 2022 die Aktion „Schmuckstück statt Schandfleck“ ins Leben gerufen. Dabei werden sowohl Bewohner als auch Eigentümer und Gemeinden aufgerufen, leer stehende Gebäude zu melden, die durch eine Sanierung vom Schandfleck in ein Schmuckstück verwandelt werden sollen. Der Preis: eine kostenlose Machbarkeitsstudie von DenkMalNeo.
2022 fiel die Wahl auf die Gemeinde Mönchhof im Burgenland. DenkMalNeo erstellte eine Machbarkeitsstudie für das denkmalgeschützte Granarium (Speicherbau), das lange als Schüttkasten und Weinkeller verwendet wurde. Seit dem Ankauf der Gemeinde Mönchhof im Jahr 1990 stand der Bau, dessen Substanz bis ins späte 16. Jahrhundert zurückgeht, teilweise leer. „Die Umsetzung lässt noch auf sich warten“, so Noack.
Immobilien mit Potenzial
Im vergangenen Jahr hat die Gemeinde Oberwart die Rotunde, eine Rinderversteigerungshalle aus 1952, bei der Aktion eingereicht. Die achteckige Halle ist einer der wenigen Holzbauten in der südburgenländischen Gemeinde. Der Bau erfolgte durch Zusammenfügung von Fertigbauteilen, sie ist also ein früher Holzmodulbau. Bis heute ist sie einzigartig in Österreich. Ein eindrucksvolles Sternrippengewölbe aus Holz lenkt den Blick nach oben. Die ebenfalls hölzernen Zuschauerränge sind von Vandalismus teilweise beschädigt. Seit dem Umzug des burgenländischen Fleckviehzuchtverbandes ist die Rotunde mit ihrem denkmalgeschützten Innenausbau ungenutzt.
Das Kennzeichen der Rotunde: das Sternrippengewölbe aus Holz
Neunutzung der Rotunde
Das gesamte Denkmalneo-Team verliebte sich sofort in diesen besonderen Bau. „Allerdings gibt es für eine Machbarkeitsstudie erhebliche Herausforderungen“, erzählt Helga Noack. „Eine zunächst angedachte städtebauliche Entwicklung um die Rotunde herum musste verworfen werden, da bereits konkrete Liegenschaftsverkäufe im Umfeld angebahnt sind. Somit reduzieren sich unsere Bemühungen derzeit auf eine Neunutzung der Rotunde, die die bereits geplanten Veränderungen im Umfeld unterstützt und aufwertet.“
Erste Abstimmungen mit dem Bundesdenkmalamt sind bereits fruchtbar verlaufen. „Hier wurde beispielsweise erörtert, ob die Verlegung der Schulbücherei oder ein Speisesaal für die umliegenden Schulen geschaffen werden kann. Mit den noch reichlich vorhandenen Freiflächen um die Rotunde könnte, gemeinsam mit der Neunutzung, ein Erholungsraum mit viel Grün für die umliegenden Schulen geschaffen werden.“
Zum dritten Mal gibt es dieses Jahr von DenkMalNeo die Aktion „Schmuckstück statt Schandfleck“. Teilnehmen können Hinweisgeber, vor allem jedoch private oder öffentliche Eigentümer leer stehender Gebäude, die durch eine Restaurierung vom Schandfleck in ein Schmuckstück verwandelt werden sollen.
Die Aktion startet mit dem Städtetag in Wiener Neustadt am 5. Juni 2024. Die Einreichfrist läuft bis 5. Juli 2024.
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