Fahrplan der EU für die Pflicht zur thermischen Sanierung
Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, muss der Energieverbrauch kräftig gesenkt werden. In diesem Zusammenhang hat sich das EU-Parlament nun dafür ausgesprochen, dass Gebäude europaweit bis 2050 klimaneutral sein sollen. Doch was bedeutet das für den Gebäudebestand in Österreich? Rund drei Viertel der Gebäude in Österreich wurden vor dem Jahr 1990 errichtet. Davon gelten etwa 60 Prozent aus energetischer Sicht als sanierungsbedürftig. Worum geht es? Ein thermisch saniertes Haus verbraucht weniger Energie fürs Heizen. Durch die thermische Sanierung kann der Heizwärmebedarf im Durchschnitt um zwei Drittel gesenkt werden.
Bewertung der Gebäude von A bis G
Um den Gebäudebestand zu klassifizieren, soll die Energieeffizienz von Wohnhäusern ähnlich wie bei Haushaltsgeräten auf einer Skala von A bis G bewertet werden. A ist sehr gut und entspricht einem Neubau, während G sehr schlecht und praktisch ungedämmt ist. Diesen energetischen Mindeststandards für den Gebäudebestand sollen Zeiträume zugeordnet werden, bis wann sie saniert werden müssen. So sollen bis 2030 Gebäude mindestens die Klasse E erreichen, lautet die Vorgabe der EU-Kommission in Brüssel, eine Einigung der EU-Minister steht allerdings noch aus. Ein Beispiel: Die Energieeffizienzklasse E wird dann erreicht, wenn ein Wohngebäude einen Energieverbrauch von 160 Kilowattstunden pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche im Jahr nicht überschreitet.
Fassade dämmen, Fenster erneuern
Welche konkreten Sanierungsmaßnahmen gesetzt werden müssen, hängt freilich von der einzelnen Immobilie ab. Grundsätzlich gehört dazu die Dämmung der obersten Geschoßdecke sowie der Fassade, aber auch der Fenster. „Die Sanierung rechnet sich derzeit so gut wie noch nie“, bekräftigt Christian Klinger, Miteigentümer des oberösterreichischen Fenster-Herstellers Internorm. Ein Fenstertausch könne jährlich 3.400 bis 4.600 Euro sparen und rechne sich bereits in fünf bis zehn Jahren. Ausnahmen für die Sanierungspflicht soll es lediglich für Gebäude unter 50 Quadratmetern, religiöse und denkmalgeschützte Gebäude geben sowie für Ferienhäuser.
Vorzeigeprojekt
Mithilfe von Vorzeigeprojekten wird in Wien untersucht, wie die Umsetzung gelingen kann. Eines davon ist das Wohnhaus in der Huttengasse 77 in Ottakring. Auf dem Dach des sechsstöckigen Wohnhauses wurden zwei Luftwärmepumpen installiert. Der Umstieg von Gas auf Wärmepumpen-Heizung dauerte drei Tage, davor wurde die Fassade thermisch saniert. Wien Energie installierte in den Wohnungen statt der Gasthermen sogenannte Wohnungsstationen. In der Heizzentrale im ehemaligen Hobbyraum befinden sich zwei Pufferspeicher für das Heizungswarmwasser, die elektronische Einrichtungen und Pumpen. Bis 2025 soll es 100 solcher Vorzeigeprojekte in Wien geben.
Neubau: Emissionsfrei
Die Vorgaben der EU-Kommission sehen auch klare Ziele für den Neubau vor. Ab 2028 sollen alle neuen Gebäude emissionsfrei sein und mit Solartechnologie ausgestattet werden. In Österreich wurde dazu eine 600 Mio. Euro schwere Photovoltaik-Förderung ins Leben gerufen, die für 2023 zur Verfügung steht. Bereits ab 23. März kann dafür eingereicht werden. Die Fördersumme soll dafür sorgen, „dass die Menschen die Stromversorgung in die eigene Hand nehmen können“, so Umweltministerin Leonore Gewessler.
Hohe Kosten für Hausbesitzer
Doch wie wirkt sich all das auf den Markt und Marktteilnehmer aus? Eines ist klar: Auf Hausbesitzer kommen hohe Kosten zu. Neben finanziellen Subventionen sind auch Anreize für Vermieter notwendig, ihre Wohnungen zu sanieren und Heizungssysteme auszutauschen. Eine der Folgen dieser Entwicklung wird sein, dass sich der Wert einer Immobilie stärker durch die Energieeffizienz und das vorhandene Heizsystem bestimmt. So werden Wertverlust für ältere, ungedämmte Gebäude befürchtet. Wohnungssuchende achten verstärkt auf die Ausstattung mit erneuerbaren Heizsystemen.
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