Den Wert von Immobilien erhalten, so geht's
KURIER: Wie erhält man den Wert von Bestandsimmobilien?
Max Wohlgemuth, Spiegelfeld Immobilien: Der erste Eindruck, den eine Immobilie hinterlässt, spielt aus Bewertungs- und Kaufperspektive eine entscheidende Rolle. Betritt man ein gepflegtes Gebäude, vermittelt es einen positiven Eindruck, der sowohl Gutachter als auch potenzielle Käufer oder Mieter anspricht. Eine ansprechend gestaltete Immobilie steigert die Wahrscheinlichkeit, dass Interessenten bereit sind, einen höheren Preis zu bezahlen. Im Gegensatz dazu wird eine Immobilie, die in einem vernachlässigten Zustand ist – etwa durch sichtbare Mängel oder unsaubere Ecken – potenzielle Käufer eher abschrecken.
Oliver Attensam, Attensam Gruppe: Wir schauen aufs Haus und melden permanent, wenn uns etwas auffällt, das können Kleinigkeiten sein wie eine gesprungene Fliese oder ein lockerer Handlauf, ein Fenster, das undicht ist. Mitarbeiter sind darauf trainiert, das zu sehen und zu fotografieren. Die Lösung ist meist keine große Wissenschaft, es geht darum, das Problem im Keim zu ersticken. Wenn wir eine Kleinigkeit sehen, dann haben wir die Chance, dass wir mit der Behebung beauftragt werden. Wenn man diese Dinge nicht behebt, werden sie nach Jahren zum Sanierungsfall. Einen Dachziegel auszutauschen kostet gar nichts, wenn man das aber Jahre so lässt und Feuchtigkeit eindringt, werden die Dachbalken morsch, dann muss man alles sanieren und das geht in die Hundertausende. Unsere Philosophie: Bevor etwas ein Problem wird, im Keim zu ersticken. Man kann jedes Jahr mit ein paar Hundert Euro irgendwann ein paar Tausend Euro an Kosten ersparen.
Max Wohlgemuth: Im Zusammenhang mit Lampen, LED und Energiesparen hat die Hausbetreuung einen wesentlichen Einfluss auf die Betriebskosten. Eine sorgfältige Wartung und der Einsatz energieeffizienter Beleuchtung können die Betriebskosten erheblich senken. Im Gegensatz dazu sieht die Situation anders aus, wenn man ein Haus betritt, in dem die Lichter den ganzen Tag brennen, tropfende Wasserhähne und ineffiziente Systeme vorhanden sind. Solche Mängel führen nicht nur zu höheren Betriebskosten, sondern auch zu einem unprofessionellen Eindruck der Immobilie.
Oliver Attensam: Zum Thema Energieeffizienz: Man kann Wasserzähler so umbauen, dass sie Sensoren haben, so erkennt man schon vor der Rechnung, was los ist, wo ein tropfender Wasserhahn ist. Zum Thema Licht: Im Eingangsbereich gibt es extreme Temperaturunterschiede: draußen Minusgrade, drinnen 15 Grad Plus. Deshalb werden normale Glühlampen oder LED oft kaputt. Es gibt aber spezielle LED, die mit Spannungsspitzen umgehen können. Anderes Thema: Kletterpflanzen, so schön sie auch sind, arbeiten sich ins Mauerwerk, dann kommt Feuchtigkeit und im Winter friert diese, die Fassade beginnt zu bröckeln.
Was passiert, wenn man jahrelang nicht in eine Immobilie investiert?
Max Wohlgemuth: Es entsteht ein Instandhaltungsrückstau, der darauf hinweist, dass über einen längeren Zeitraum keine Wartungsarbeiten durchgeführt wurden. Dies führt zu einem Preisabschlag bei der Bewertung der Immobilie. Wir ziehen einen bestimmten Prozentsatz ab, um die erforderlichen Maßnahmen zur Behebung des Rückstaus zu berücksichtigen. Dabei achten wir auf spezifische Indikatoren wie unangenehme Gerüche, Feuchtigkeitsansammlungen und veraltete Leitungen, die modernisierungsbedürftig sind.
Wie gut wird mit dem Wert von Immobilien umgegangen? Von Hausverwaltungen, Hausbesitzern, Eigentümergemeinschaften?
Oliver Attensam: Eine ordentliche Hausverwaltung geht regelmäßig durchs Haus. Sie arbeitet mit Firmen wie uns zusammen, die viel öfter im Haus sind und Schäden meldet. Einmal im Jahr erstellt ein Bausachverständiger ein Protokoll, wie ein Pickerl fürs Haus. Die anstehenden Arbeiten sollten die ausgeführt werden. Allerdings: Dort wo kein Geld vorhanden ist, kann das nicht gemacht werden, etwa das Dach nicht saniert werden. In meiner Kindheit war Wien für mich morbid. Die Fassaden waren grau-schwarz von den Kohleöfen. In den vergangenen 25 bis 30 Jahren hat sich die Substanz von Wien deutlich verbessert, es gibt prachtvolle Häuser und Gassen, es wurde viel getan.
Was kann man privaten Einfamilienhausbesitzern raten, wie sie den Wert ihrer Immobilie erhalten?
Oliver Attensam: Mein Tipp ist: Mit Hausverstand und offenen Augen rund ums Haus gehen. Der Klassiker ist die Dachrinne, sie ist schwierig zu reinigen. Es gibt ein Gitter, das kann verrutschen, dann verstopft die Dachrinne oder es gibt sogar Löcher in der Rinne. Ein anderer Klassiker sind die Fenster auf der Südseite, sie muss man alle zehn Jahre streichen, wenn sie aus Holz sind. Wenn man das nicht tut, wir zunächst der Lack matt, fängt an zu springen und dann beginnt das Holz zu morschen. Wenn man die Fenster aber alle zehn Jahre streicht, halten sie 100 Jahre. Man darf einfach nicht wegschauen.
Wie wirkt sich das Thema Dekarbonisierung auf den Wert aus?
Max Wohlgemuth: Die Auswirkungen sind unmittelbar spürbar, insbesondere durch sinkende Energiekosten für die Bewohner und damit der Möglichkeit, einen höheren Mietanteil zu erzielen. Für Fonds stellt dies ein zentrales Thema dar, da sie ausschließlich in taxonomiekonforme Projekte investieren dürfen, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Nur solche Immobilien sind auch für einen späteren Verkauf attraktiv. Dies hat daher einen direkten Einfluss auf den Wert bzw. die Marktgängigkeit einer Immobilie.
Wie hängt das Alter einer Immobilie mit ihrem Wert zusammen?
Max Wohlgemuth: Ein ansprechend sanierter Altbau kann zwar im Verkaufsprozess attraktiv sein, jedoch sind die mietrechtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen, da diese oft Einschränkungen bei der Vermietung mit sich bringen. Im Gegensatz dazu ermöglichen neuere Gebäude, selbst wenn sie weniger ansprechend gestaltet sind, eine uneingeschränkte Vermietung zu marktgerechten Preisen. Langfristig wird es daher zunehmend schwierig, mit Altbauten eine rentable Rendite zu erzielen. Aus diesem Grund erweist sich eine Investition in Neubauwohnungen als oft wirtschaftlich sinnvoller.
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