„Das Tal der Tränen ist überstanden. Die Kredite werden leistbarer“
KURIER: Wie sehen Sie den Immobilienmarkt aktuell?
Michael Buchmeier, ÖRAG: Der Markt ist momentan besser als vergangenes Jahr. Er bewegt sich in die richtige Richtung, aber so richtig Licht am Ende des Tunnels sehen wir vorerst noch nicht.
René Fürntrath, Raiffeisen Immobilien Vermittlung (RIV): Die Stimmung ist verhalten und es wird noch geraume Zeit dauern, dass sich das wieder auf einem normalen Niveau einpendelt.
Christopher Gebhart, Bauträger Flair: Man merkt schon positive Trends, aber der Markt ist noch nicht dort, wo er sich hinbewegen sollte.
Wie war das vergangene Jahr?
Michael Buchmeier, ÖRAG: Wir haben das schwächste Transaktionsjahr seit Langem hinter uns. Die Mieten sind gestiegen. Das liegt daran, dass viele umgeschwenkt sind von Eigentum in Miete. Das Angebot im Wohnungseigentum ist größer und die Nachfrage schwächer.
René Fürntrath, RIV: Aus Bankensicht sehen wir, dass es kein Neugeschäft für Wohnbaukredite in der Masse gibt, wie früher. Das liegt auch an den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die zusätzlich zur Hochzinsphase zu einer Verschärfung am Markt für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser geführt hat.
Neu gebaut wird wenig. Wie schaut es da bei Ihnen aus als Bauträger?
Christopher Gebhart, Flair: Die Fertigstellung haben rapide abgenommen und auch die neuen Bewilligungen. Wenn man es vergleicht mit der Phase der Hochkonjunktur, da haben wir jetzt weniger als die Hälfte gesehen und das ist relativ gering.
Welche Rahmenbedingungen beeinflussen den Markt am meisten?
Michael Buchmeier, ÖRAG: Einerseits noch immer die Zinsen, die die Menschen zahlen müssen. Der langfristige Zinssatz ist schon recht moderat, aber es ist noch immer in den Köpfen, dass die Zinsen so hoch sind. Wir verkaufen heuer besser als vergangenes Jahr, denn 2023 war das Tal der Tränen. Heuer ist es deutlich besser, weil die Zinsen am langen Ende niedriger sind und die Wohnungspreise nicht gestiegen sind. Die Leute verdienen mehr, sie haben höhere Einkommen und kommen besser über die Runden. Die Kredite werden einfach leistbarer. Aber: Die Bautätigkeit ist gering. Ich war vor Kurzem auf einem hohen Gebäude und es sind in Wien kaum Kräne zu sehen. Die Bautätigkeit hat extrem nachgelassen. Das wird uns in den nächsten zwei, drei Jahren beschäftigen.
Wie wirkt sich die aktuelle Entwicklung auf Neubau und Bestand aus?
Christopher Gebhart, Flair: Man muss früher ansetzen, bei der Flächenwidmung. Es ist abstrakt, dass man in den Städten freie Liegenschaften mit einer Widmung für maximal zwei Wohneinheiten beschränkt. Mein Zugang: Wenn man nicht in der Stadt nachverdichtet und in die Höhe baut, wo dann? Wir reden einerseits vom starken Flächenverbrauch, nutzen aber bestehende Ressourcen nicht.
René Fürntrath, RIV: Der Bestand ist einfacher zu verkaufen, weil billiger. Die Baukosten für Neubau sind höher. Von Bankenseite her sehen wir die KIM-Verordnung als kritischsten Punkt. Die Restriktionen (max. 40 Prozent des monatlichen Einkommens für die Kreditrückzahlung, Anm.) sind ein Thema, das in den Finanzierungsmarkt hineinspielt. Leute, die sich mit den Zinsen abgefunden haben, können trotzdem nicht kaufen. Die Regelung ist nicht zu Ende gedacht, da sie unabhängig vom Gehaltsschema für jeden gleich gilt.
Die Zeit, als jede Immobilie einen Käufer fand , ist vorbei. Was macht Immobilien heute attraktiv?
Michael Buchmeier, ÖRAG: Es kommt auf den Grundriss an. Je besser geschnitten eine Wohnung ist, um so weniger Quadratmeter braucht sie, umso billiger wird es. Wohnungen müssen eine Freifläche bieten.
René Fürntrath, RIV: Die Lage spielt eine wesentliche Rolle, auch die infrastrukturelle Anbindung.
Christopher Gebhart, Flair: Kompakte Grundrisse, die den Bedürfnissen angepasst sind, denn jeder Quadratmeter, den man kaufen oder mieten muss, kostet extra. Ganz wichtig ist die Homogenität einer Immobilie, die Lage muss zur Ausstattung und zur Größe passen.
In der Branche wird an Forderungspapieren an die künftige Regierung gearbeitet. Was sind die wichtigsten Punkte?
Christopher Gebhart, Flair: Wenn man es den Menschen möglich machen will, dass sie Eigentum erwerben, kann man sie unterstützen: etwa für das Eigenkapital, das fehlt, eine Sicherstellung zu bieten.
Michael Buchmeier, ÖRAG: Eine einfache Lösung wäre, dass man einen Förderzins einführt, bis zu einem gewissen Betrag. Dass der Staat einen Fixzinssatz von 1,5 oder einem Prozent zur Verfügung stellt.
René Fürntrath, RIV: Jeder, der in einer Gemeindewohnung wohnt, sollte alle zwei Jahre einen Gehaltszettel abgeben. Wenn das Gehalt stimmt, wird er auf Marktniveau angepasst, dann kann er sich aussuchen, ob er bleibt oder geht.
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