Damit Neues entsteht: Die 5 großen Materialien der Bauwelt

Twine House von Antony Gibbon: Entwurf für ein geschwungenes Wohnhaus aus Beton
Wer baut, braucht Stoff. Und den gibt es in vielen Varianten. Die großen 5 der Immobilienwirtschaft sind Beton, Holz, Stahl, Glas und Ziegel. Faszinierendes über diese Baustoffe und ihr Einsatz in der Architektur.

Ohne die richtigen Baustoffe gäbe es weder Gebäude, Brücken, Straßen noch Denkmäler. Wer baut, braucht sie. „Es gibt keine eindeutig bessere Bauweise“, so Daniel Stephan von der TU Wien in seiner „Ökologischen Analyse von Baustoffen und Bauteilen“. „Je nach Bedingungen müssen Aspekte wie Standort, klimatische Verhältnisse, Verfügbarkeit erneuerbarer Energieträger, Nutzerverhalten oder spezielle Bedürfnisse des Bauherrn bei der Baustoffwahl berücksichtigt werden.“

Weiße Beton-Bibliothek

Wormhole Library, Haikou, China: Die Beton-Bibliothek von MAD  für 10.000 Bücher, teils aus dem 3D-Drucker, kürzlich fertiggestellt

BETON: Robuster Klimaspezialist

Kein anderer Baustoff wird weltweit in so riesigen Mengen verarbeitet wie Beton. Einst sollte der Massenbaustoff vor allem billig und einfach in der Anwendung sein. Erst in jüngerer Zeit kommen „hochfeste“ oder „ultrahochfeste“ Betone zum Einsatz, die eine extreme Robustheit aufweisen. Doch auch alter Beton ist nicht zu verachten: Schon die Römer errichteten ihr Weltreich unter anderem auf diesem Baustoff. Ein berühmtes Bauwerk, das die Dauerhaftigkeit dieses Baustoffs auf faszinierende Weise repräsentiert, ist das 114-118 n. Chr. errichtete Pantheon in Rom. Es gilt als erster Betonbau der Welt. Heute kommen moderne Betone etwa für Gebäude mit stark druckbeanspruchten Stützen oder Wänden zum Einsatz. Ultrahochfeste Betone werden für Wasserbauwerke eingesetzt – Brücken oder riesige Stützpfeiler der Ölplattformen im Meer. Ihre hohe Druckfestigkeit ist auch deshalb interessant, weil sie, bei gleicher Tragfähigkeit wie Normalbeton schlankere und leichtere Bauteile ermöglicht. „Außerdem punktet der Baustoff mit seiner hohen Dichtheit – sie macht ihn unempfindlich gegen das Eindringen von Wasser oder Chemikalien“, erklärt Bernhard Breser, Baumeister und Landesinnungsmeister Bau Burgenland.

Herkömmlicher Beton ist ein Drei-Stoff-System: Er besteht aus Zement, Gesteinskörnung und Wasser. Bei hochfestem und ultrahochfestem Beton gibt es zwei weitere Zutaten: Silikatischer Feinstaub und Fließmittel. Die Silikatpartikel sind deutlich kleiner als herkömmliche Zementkörner und tragen deshalb zur hohen Verdichtung bei. Allerdings kann selbst ultrahochfester Beton in puncto Zugfestigkeiten nicht mit Stahl mithalten. Zudem sind neue Betone spröder als Normalbeton. Ultrahochfester Beton wird deshalb meist als Faserbeton verbaut. Last but not least: „Beton besitzt nicht nur gute brandschutztechnische Eigenschaften, sondern auch die Fähigkeit, Wärme zu speichern und Kälte abzugeben“, weiß Andreas Pfeiler, Geschäftsführer Stein- und keramische Industrie. „Die thermische Bauteilaktivierung ist daher ein wichtiger Schritt, um die Energieversorgung ganzer Stadtteile umweltfreundlich zu organisieren.“

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Port House, Antwerpen, Belgien: Das neue Glas-Headquarter der Hafenbehörde verbindet Altes mit Neuem

GLAS: Transparenter Wandlungskünstler

Glas ist zwar nicht besonders stabil und kann auch keine schweren Lasten tragen, doch die Lichtdurchlässigkeit macht Glas zu einem einzigartigen Baustoff. Heutzutage gibt es bereits hunderte unterschiedliche Glassorten, die aus Feststoffen wie Quarzsand, Soda oder Kalk entstehen. Diese werden auf 1.400 °C erhitzt und geschmolzen. Mitverarbeitete Gesteine sowie deren Bestandteile wirken als Stabilisatoren. Wird die Schmelze von der Hitze entfernt, kühlt sie rasch ab und wird fest. Abgesehen von seiner Wandelbarkeit ist die Transparenz der wohl größte Vorteil von Glas. Es lässt bis zu 80 Prozent des Tageslichts durch, ohne es zu verfälschen. 

Diese Eigenschaft des Baustoffs schätzen Architekten besonders, um im Außenbereich beeindruckende Spiegelungen und Lichteffekte sowie innen eine helle Atmosphäre zu erzielen. Da es nicht verwittert und auch nicht trüb wird, macht Glas zusätzlich begehrt. Es hält sowohl Regen, Wind und Schnee als auch Sonne stand und wird dadurch weder beschädigt, noch lässt es das Eindringen von Feuchtigkeit zu. Regelmäßige Reinigung reicht. Da Glas keine Elektrizität leitet, fungiert es als optimaler Isolator. Doch auch dieser beliebte Wandlungskünstler der Architektur hat Nachteile: Glas ist vergleichsweise teuer und erhöht so die Errichtungskosten für ein Gebäude. Immerhin, so Bauprofi Breser, „sowohl die Schall- und Wärmedämmwerte als auch die Sicherheitseigenschaften haben sich durch moderne Schutzverglasung in den vergangenen Jahren massiv verbessert“.

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Nationalstadion, Singapur: Stahlbau mit weltweit größter, selbsttragender Kuppel und beweglichem Dach

STAHL: Biegsamer, stabiler Riese

Seit die Industrialisierung moderne Formen der Stahlerzeugung gebracht hat, ist Stahl der am häufigsten verwendete metallische Werkstoff (er übertrifft andere Baustoffe um mehr als das Zehnfache). Genaugenommen ist Stahl eine Legierung, die hauptsächlich aus Eisen und Kohlenstoff besteht, wobei letzterer beim Baustahl nur zwischen 0,1 und 0,5 Prozent der Masse ausmacht. Stahl ist nicht nur in großen Mengen verfügbar, sondern auch nahezu unbegrenzt wiederverwertbar. In der Praxis wird Stahl also zuerst aus Erz hergestellt und dann oft mehrfach recycelt. 

In der Herstellung ist er aber recht energieintensiv und teurer als andere Baustoffe. Sein vielfältiger Einsatz und Formbarkeit sind faszinierend: Der Baustoff lässt sich durch Gießen und vor allem durch Walzen, Schmieden, Fräsen und Schweißen verarbeiten und hat neben guter Härtbarkeit, Steifheit und Bruchdehnung auch eine hohe Festigkeit. „Stahl hat ein hohes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht“, erklärt Bernhard Breser. „Das heißt, das Eigengewicht vom Stahl ist relativ klein. Diese Eigenschaft macht Rippentorstahl und Baustahlgitter attraktiv für Hochhäuser oder lange Brücken.“ Nachteil des Baustoffes: Brandgefahr. „Erst durch Zusatzbehandlung oder in Verbindung mit Beton erreicht man adäquaten Brandschutz“.

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Speicherstadt, Hamburg: 1883–1927 entstand aus Backsteinen der größte Lagerhauskomplex der Welt

ZIEGEL: Beständiger Tonstein

Erde, Wasser, Feuer und Luft – das sind die Elemente, die den Mauerziegel aus Ton ausmachen. Er ist einer der ältesten und natürlichsten Werkstoffe des Menschen. In der Baubranche wird er wegen seiner Wertbeständigkeit, Langlebigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wärmespeicher- sowie Schalldämmung-Eigenschaften geschätzt. Doch ein Bauwerk aus Tonsteinen überzeugt auch durch seine zeitlose Ästhetik. In der modernen Ziegelherstellung spielen viele verschiedene Komponenten eine Rolle: die mineralische Zusammensetzung – etwa der Anteil an Eisen oder Kalk, das Produktionsverfahren, der Brennvorgang, die Oberflächenbehandlung sowie die jeweiligen Zusatzstoffe für neuartige Farben.

Darüber hinaus können die einzelnen Ziegel in verschiedenen Formaten gefertigt werden, wodurch sich in Kombination mit Mauerverbänden und Fugengestaltungen viele verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten ergeben. Die gute Wärmedämmung hängt damit zusammen, dass man seit den 1970er-Jahren auf porosierte Lochziegel setzt. Zusätzlich gibt es sie heute mit einer Dämmstofffüllung, was Schallschutz und Druckfestigkeit der Produkte verbesserte. „Da Ziegel sehr gute Feuchteausgleichseigenschaften haben – ihr Grundprodukt Ton kann Feuchtigkeit speichern und wieder abgeben –, sind sie ein optimaler Baustoff für ein gutes Raumklima“, so Breser.

Damit Neues entsteht: Die 5 großen Materialien der Bauwelt

„Bert“, Werfenweng, Österreich: Modulares Baumhaus (Studio Precht), made by BaumBau, verkleidet mit 15.000 Lärchenschindeln 

HOLZ: Sinnliche Naturerscheinung

Holz ist einer der ältesten und vielseitigsten Werkstoffe der Menschheit. Doch während die US-Amerikaner bei ihren Häusern schon immer auf Holz vertrauten, haben in Mitteleuropa erst die modernen Varianten des Holzrahmen- und Holzmassivbaus die Architekten begeistert und die Holzbauindustrie überzeugt. Durch technische Innovationen wurde Holz zu einem Hightech-Werkstoff. So sind heute sogar Holz-Hochhäuser möglich, wie das beeindruckende Hoho in Wien beweist. Für die nächsten Jahre erwartet etwa die Bau-Info-Consult einen Aufwärtstrend von Holz als nachhaltigem Wandbaustoff. In Europa gibt es 20 bis 30 Holzarten für die Verarbeitung in Industrie und Handwerk. Nach der Fichte weisen Buchen, Kiefern, Tannen und Lärchen die größten Vorratszahlen auf.

Im Vergleich zu anderen tragenden Baustoffen weist Holz besonders gute wärmeschutztechnische Eigenschaften auf. Bei gleichen Außenmaßen bietet ein Holzbau bis zu zehn Prozent mehr Wohnnutzfläche als ein Massivbau. Zudem hat Holz eine hohe Lebensdauer und eine geringe Dichte, es ist also relativ leicht. Gleichzeitig ist es aber steif und fest und hält hohen Belastungen stand, ohne zu brechen.

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