Privatkonkurse nehmen um ein Viertel zu
Bei den Privatpleiten gibt es in den ersten drei Quartalen 2022 einen Zuwachs von 24 Prozent auf 6.209 eröffnete Verfahren. Hier gilt Ähnliches wie bei den Unternehmensinsolvenzen. „Wichtig wäre es, die Leute schneller zu einer Privatinsolvenz zu bringen, bevor das Kind in den Brunnen fällt“, sagt KSV1870-Chef Vybiral.
Es seien aber nicht überbordende Konsumausgaben, die in den Privatkonkurs führen, sondern aktuell die Inflation, die gestiegenen Energiekosten und die Preissteigerungen im Supermarkt. Diese wirtschaftlichen Herausforderungen seien enorm und belasten die Geldbörsen der Österreicher derzeit massiv.
„Beim Privatkonkurs ist der aktuelle Anstieg vor allem auf die Insolvenznovelle des Vorjahres zurückzuführen, die deutliche Erleichterungen, wie eine verkürzte Entschuldungsdauer für Schuldner, gebracht hat“, sagt KSV1870-Experte Götze. „Wenn man etwas in die Zukunft blickt, werden aber auch die explodierenden Kosten in nahezu allen Lebenslagen Auswirkungen haben.“ Am Ende des Jahres 2022 dürfte sich die Zahl der Privatpleiten bei mehr als 8.000 Fälle einpendeln.
Federführend bei den Pleiten mit 644 Fällen ist die Branche „Handel & Reparatur von Kfz“. „Beim Handel sind die Ursachen nicht nur Corona und die gestiegenen Energiepreise, sondern es hat mit einem geänderten Konsumentenverhalten zu tun“, sagt Vybiral. „Auf der einen Seite beginnen die Leute weniger zu konsumieren, auf der anderen Seite sind sie verstärkt in den Onlinehandel gewandert. Sie haben gelernt, dass online einkaufen funktioniert.“ So würde die Bevölkerung wegen der gestiegenen Energiepreise den Konsum schon zurückschrauben.
Auch die Shops der Telekommunikationsbranche wurden weniger frequentiert.
Bis Jahresende erwartet der KSV1870-Experte Karl-Heinz Götze im Handel rund 900 Pleiten. Rang zwei im Branchenranking nimmt die Bauwirtschaft mit 567 Pleiten ein, gefolgt vom Tourismus samt Gastronomie.
„Im Sommer hatten wir im Tourismus eine relativ gute Situation, die Leute haben die Corona-Phase nachgeholt“, sagt der KSV1870-Chef. „Ich glaube, dass es künftig im Tourismus zu einem noch kürzerem Buchungsverhalten kommen wird. Die Leute wägen ab, ob sie sich die Reise leisten können oder nicht.“
Laut einer KSV1870-Umfrage hat jeder fünfte Betrieb Schwierigkeiten mit der Auftragsabwicklung: wegen Lieferengpässen, Personalmangels, Preissteigerungen, Rohstoffmangels oder plötzlich gestiegenen Aufträgen, die man mangels Materials und Personals nicht abarbeiten kann.
„Wir haben am Bau gesehen, dass zum Teil keine Ausschreibungen mehr gemacht wurden, weil es kein Preisgarantien gegeben hat“, sagt Vybiral. Im Bundesländer-Ranking führt Oberösterreich mit einem Plus von 165 Prozent bei den Firmenpleiten vor Vorarlberg mit 161 Prozent. Im dritten Quartal 2022 stiegen in OÖ die mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesenen Verfahren um 317 Prozent.
Österreichweit konnten 1.382 Insolvenzverfahren über Unternehmen nicht eröffnet werden, weil nicht einmal mehr 4.000 Euro vorhanden waren, um die Eröffnungskosten zu decken. Das sind 40 Prozent aller Firmenpleiten.
„Einer der Gründe liegt darin, dass viele Betriebe schon längst insolvenzreif waren und durch den Fortbetrieb auch die letzten finanziellen Mittel aufgebraucht wurden“, sagt Petra Wögerbauer vom KSV1870 in Linz. „Wenn keine Vermögenswerte mehr vorhanden sind, gibt es auch keine Grundlage für eine erfolgreiche Sanierung.“
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