Immer mehr Familienbetriebe suchen externe Nachfolger
Ein Viertel der Betreiber von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) will sich in den nächsten fünf, sechs Jahren aus dem Geschäft zurückziehen. Doch in fast zwei Dritteln der Fälle ist die Nachfolge noch nicht geregelt. „Die Hälfte der Betriebe, die einen Nachfolger benötigen, können innerfamiliär nicht übergeben werden“, sagt Boris Pelikan, Manager von Raiffeisen Continuum, einem auf Unternehmensnachfolge ausgerichteten Investmentfonds. Raiffeisen Continuum hat zurzeit etwa drei Dutzend Nachfolgeprojekte in der Pipeline, elf davon stehen bereits kurz vor dem Closing, sprich dem Abschluss. „Darunter sind eine Tischlerei, zwei Apotheken, aber auch Unternehmen im Bereich Erneuerbare Energien, Marketing, Digitales und Life Science“, schildert Pelikan die Pläne.
Der Private-Equity-Fonds, der von der Raiffeisenbank International (RBI) gemanagt und von Raiffeisen-Landesbanken finanziert wird, begleitet den gesamten Übergabeprozess, stellt fehlendes Eigenkapital zur Verfügung und beteiligt sich in der Regel sieben Jahre am Ziel-Unternehmen. „In diesem Zeitraum muss sich ein Unternehmen refinanzieren und das Fremdkapital zurückgezahlt haben“, sagt Pelikan. Im Gegenzug verkauft der Fonds die Gesellschaftsanteile an den Übernehmer. Erfolgreich abgeschlossen wurde vor wenigen Tagen die Nachfolge im Fall des Linzer Unternehmers Armin Liehmann, Inhaber des Dentalhändlers und Zahnarztordinationsausrüsters L. Liehmann & Co GmbH. Das profitable Unternehmen wurde 1921 gegründet.
Zweites Standbein
„Liehmann ist eines der etabliertesten Dentaldepots in Zentraleuropa und gilt als professioneller Ordinationsbetreuer für Zahnärzte und Zahntechnische Labors“, erklärt Pelikan. „In den vergangenen Jahren wurde als zweites Standbein ein internationales B2B-Geschäft mit Kunden aus den Niederlanden, Deutschland und anderen Ländern in Mitteleuropa aufgebaut.“
Im Zuge der Nachfolgelösung hat Raiffeisen Continuum 54 Prozent der Gesellschaftsanteile übernommen, elf Prozent behält bis auf Weiteres Alt-Gesellschafter Armin Liehmann und 35 Prozent gehören dem Übernehmer Joachim Mayer. Mayer bringt internationale Erfahrung aus der Dental-Industrie mit und ist bereits seit einem Jahr in Linz tätig.
„Das unternehmerische Wagnis ist nicht gering, weil auch unsere Branche die Krise spürt“, sagt Mayer zum KURIER. „Wir haben Gerätehersteller, die Kabelbäume aus Ukraine bezogen haben und die mit Lieferschwierigkeiten kämpfen.“ Auch bei Latex-Handschuhen und verschiedenen Dentalmaterialien gab es zwischenzeitig Engpässe.
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