Immer wieder wird Ikea wegen mangelnder Nachhaltigkeit seines Holzes kritisiert. Der KURIER hat einen Wald des Möbelkonzerns besucht, um sich selbst ein Bild zu machen.
Im Nordosten Rumäniens, rund zwei Stunden von der Stadt Iași entfernt, liegen große Waldgebiete. Darunter sind auch die Wälder, die Ikea über seinen größten Einzelhändler, die Ingka-Gruppe, bewirtschaftet.
Der schwedische Möbelkonzern ist der größte private Waldbesitzer Rumäniens – und als solcher auch immer wieder der Kritik von Umweltschützern ausgesetzt. Der KURIER war vor Ort und hat mit Ikea einen ihrer Wälder besucht.
In der hügeligen Gegend wachsen auf natürliche Weise unterschiedliche Laubbäume. In den Ikea-Wäldern werden Arten wie Hainbuchen oder Eschen in den ersten Jahren ihres Wachstums von Forstarbeitern mit Kettensägen umgeschnitten und ihre Stämme als günstiges Brennholz verkauft.
Fallen sie weg, erhalten Arten mit hochwertigerem Holz – etwa Buche oder Eiche – besseren Zugang zu Ressourcen und wachsen schneller.
Die Waldbetreiber wollen durch ihr Eingreifen „natürliche Prozesse beschleunigen“, wie es heißt. „Die Natur ist zu langsam, um die wachsende Nachfrage nach Holz zu bedienen“, sagt Constantin Moisa, Chef der Ingka Investment Rumänien.
Die Bäume werden geerntet, wenn sie rund 120 Jahre alt sind. Das Holz aus den eigenen Wäldern wird aber kaum für die berühmten Ikea-Produkte wie Billy, Kallax und Co verwendet.
Nur zehn Prozent der eigenen Erntemenge gehen an Ikea. Das liege daran, dass das Unternehmen „spezifischen Holzarten und -qualitäten“ benötige, die „nicht immer mit dem Angebot aus den von Ingka-Wäldern übereinstimmen“.
Holz wird an andere Möbelhersteller verkauft
Denn ein großer Teil des Ikea-Sortiments besteht aus günstigeren Verbundstoffen wie etwa Pressspanplatten.
Das teurere Eichen- und Buchenvollholz, aus eigener Forstwirtschaft, bietet das Unternehmen deswegen auf dem freien Markt an, wo es von anderen Möbelproduzenten oder Unternehmen aus der Bau- oder Papierindustrie gekauft wird.
In der Vergangenheit wurde Ikea immer wieder von Umweltschützern kritisiert. Im April 2024 warf etwa Greenpeace dem Möbelkonzern vor, dass seine rumänischen Lieferanten zur Möbelherstellung Holz aus alten und artenreichen Wäldern nutzen würden.
Laut Greenpeace-Recherche wurden 30 Produkte dieser Lieferanten in Möbelhäusern in 13 Ländern gefunden.
Greenpeace wirft Ikea Greenwashing vor
Gleichzeitig ist Ikea bemüht, sich öffentlich ein möglichst nachhaltiges Image aufzubauen. Für Greenpeace ist das reines Greenwashing.
Die rumänischen Wälder werden nicht von Ikea direkt, sondern von der Ingka Holding mit Sitz in den Niederlanden bewirtschaftet.
Das Unternehmen wurde vom Ikea-Gründer Ingvar Kamprad gegründet und auch nach diesem benannt.
Es ist der größte Ikea-Franchisenehmer und betreibt weltweit rund 400 Filialen des Möbelhauses, darunter die heimischen Standorte.
50.000 Hektar Wald betreibt die Ingka-Gruppe über ihre Investmentschiene in Rumänien. Weltweit sind es mehr als 320.000 Hektar.
Die Wälder liegen in den baltischen Staaten, in Finnland und Neuseeland.
„Ikea schmückt sich mit Nachhaltigkeit, während gleichzeitig wichtige Waldgebiete einfach zerstört werden. Diese Wälder sind für den Planeten zu wertvoll, um zuerst zu kurzlebigen Möbeln und dann weggeworfen zu werden“, sagt Greenpeace-Waldexpertin Dorothea Epperlein dem KURIER.
Ikea weist die Vorwürfe rund um illegale Praktiken in der Forstwirtschaft zurück: „Wir bemühen uns stets, mit seriösen externen Partnern zusammenzuarbeiten sowie etablierte Definitionen und Standards zu verwenden“, heißt es.
Ikea verweist auf legale Praktiken und FSC-Siegel
Das Unternehmen habe seine rumänischen Zulieferer kontrolliert und keine Verstöße festgestellt: „Die in dem Greenpeace-Bericht beschriebenen Beschaffungspraktiken sind legal und entsprechen sowohl den lokalen als auch den EU-Vorschriften und sind zusätzlich vom Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert.“
Für Greenpeace wiederum, ging die Überprüfung der Partnerunternehmen nicht weit genug. Selbst wenn bei der Holzbeschaffung keine Gesetze gebrochen werden, seien Schutzbestimmungen unzureichend. Auch die Vorgaben des FSC seien Epperlein zufolge „nicht streng genug“.
Forstmaschinen beschädigen den Waldboden
Neben den Ikea-Zulieferern ist der Möbelkonzern auch für die Arbeit in den eigenen Wäldern immer wieder mit Kritik konfrontiert. In Rumänien etwa werden gefällte Bäume von sogenannten Skiddern oder auch Seilschleppern über den Boden aus dem Wald gezogen.
Die schweren Fahrzeuge rollen über temporäre Straßen und hinterlassen tiefe Furchen im weichen Erdboden. Vor allem im abschüssigen Gelände entsteht so ein großes Erosionsrisiko.
Die Forstmaschinen hinterlassen tiefe Spuren im Boden. Die Erosionsgefahr steigt.
Trotz der Versuche der Forstarbeiter, die Wege durch liegende Baumstämme seitlich zu befestigen, kommt es in rumänischen Wäldern immer wieder zu Erdrutschen.
Großflächiger Kahlschlag im Ikea-Wald
Auch dass Ikea große Waldflächen vollständig durch Kahlschlag abholze, wurden dem Unternehmen in der Vergangenheit vorgeworfen.
Laut Angaben des Möbelkonzerns handle es sich bei drei Prozent der eigenen Ernteaktivität in Rumänien um Kahlschlag. Dieser käme nur dort zum Einsatz, wo er ökologisch angemessen ist.
So etwa wurden großen Flächen eines Ikea-Waldes vollständig gerodet, da dort zur Zeit des Kommunismus Norwegische Fichten gepflanzt wurden, die im warmen Klima langsam austrocknen. Heute setzt das Unternehmen dort junge Eichen, um sie in Zukunft ernten zu können.
Compliance-Hinweis: Die Reise nach Rumänien erfolgte auf Einladung von Ikea.
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