Forstwirtschaft: Müssen Bäume fällen, bevor Natur es tut

Waldarbeiter beim Fällen und Bearbeiten einer Fichte
In den kommenden Jahren sollte laut Fachverband mehr Holz geerntet werden, als nachwächst, um Wälder klimafit zu machen.
  • Österreichs Forstwirtschaft plant, mehr Holz zu ernten, als nachwächst, um Wälder klimafit zu machen.
  • Ältere Nadelholzbestände sollen ersetzt werden durch anpassungsfähige Baumarten, um Waldbrände und Schadholz zu reduzieren.
  • Herausforderungen umfassen niedrige Holzpreise, steigende Betriebskosten und bürokratische Hürden wie die EU-Entwaldungsverordnung.

Die heimische Forstwirtschaft konnte 2024 ihre Produktion deutlich steigern, die Einkommenslage bleibt aber wegen niedriger Preise schwierig. Für die Zukunft herrscht aber Zuversicht, wie es bei der Wirtschaftspressekonferenz der Land- und Forstbetriebe Österreich (LFBÖ) am Dienstag heißt. Man müsse nur darauf achten, Wälder fit für die umfassenden Veränderungen im Zuge des Klimawandels zu machen. Das bedeute auch, den Wäldern eine Zeit lang etwas mehr Holz zu entnehmen, als nachwächst.

Gefährdete Holzbestände abbauen und ersetzen

"Österreich hat jetzt einen hohen Vorrat an älteren Nadelholzbeständen. Die müssen wir jetzt nutzen und abbauen, denn die sind am gefährdetsten", sagt LFBÖ-Generalsekretär Martin Kubli. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil am Schadholz an der Gesamtmenge der gefällten Bäume 55 Prozent. Neben dem Borkenkäfer werden viele Bäume durch Windwurf und Schneebruchereignisse zu Schadholz, das am Markt geringere Preise erzielt.

Ältere Baumbestände sollen geerntet werden, der frei werdende Platz im Wald soll mit Baumarten ausgestattet werden, die anpassungsfähiger sind. "Wir brauchen Bäume, die mit dem Klima zurechtkommen, das wir in einigen Jahrzehnten in Österreich haben werden", sagt LFBÖ-Präsident Konrad Mylius. Aus derzeitiger Sicht seien das etwa Baumarten, wie sie heute in Kasachstan oder Serbien verbreitet sind. Als dort vorkommende klimafitte Vertreter gelten etwa Kiefern, Birken und Eichen.

Bäume nicht an Naturgewalten verlieren

"Wir würden damit viele Gesamtwirtschaftliche Probleme lösen", sagt Kubli. Erhöhte Holzproduktion könnte etwa in Biomassekraftwerke fließen, um fossile Energien zu ersetzen. Im Holzbau oder in der Möbelindustrie eingesetzt, könnte das Holz CO2 langfristig speichern. In der Natur würde das Holz verrotten und verbrennen. Die Waldbrandgefahr nimmt wegen häufigerer Trockenperioden zu. "Es wäre ein Win-Win-Situation, wenn man Waldbestände nutzt und sie nicht an Naturgewalten verliert."

Mehr Holzproduktion, weniger Einnahmen

Im vergangenen Jahr betrug der Holzeinschlag in Österreich 20 Millionen Festmeter Holz, ein Plus von 5,3 Prozent gegenüber 2023. 11,2 Mio. Festmeter davon waren Sägerundholz, ein Plus von 12 Prozent. In der Sägeindustrie wurden unterdessen 16,5 Mio. Festmeter Rundholz benötigt, rund zwei Drittel des Holzes stammen also aus dem Inland. Die Preise allerdings lagen 2024 um 5 Prozent unter dem Wert von 2023.

Schäden im Wald werden in der Forstwirtschaft "Kalamitäten" genannt. Der Borkenkäfer ist eine der größten Gefahren

Schäden im Wald werden in der Forstwirtschaft "Kalamitäten" genannt. Der Borkenkäfer ist eine der größten Gefahren

Die Kosten für Forstbetriebe steigen unterdessen wegen der Inflation. Investitionen, Lohn- und Energiekosten seien für Unternehmen eine große Belastung. Die Arbeit vermiesen lassen sich die 319.000 Beschäftigten in der Forst- und Holzwirtschaft deswegen nicht. Laut einer Mitgliederbefragung ist die Mehrheit überzeugt, einen wichtigen Beitrag für Wald und Wirtschaft zu leisten. Die Branche wünscht sich aber Entlastung, vor allem bei der Bürokratie.

Entwaldungsverordnung als Dorn im Auge

Die "Flut an Regulatorien", mit denen Betriebe zurechtkommen müssen, werden als die größte Herausforderung gesehen, noch vor Konjunktursorgen und Klimawandel. Ein besonderer Dorn im Auge sei die Entwaldungsverordnung der EU. Die LFBÖ-Führung demonstriert in einem Video, wie lange es dauert, bis man im EU-Informationssystem eine Selbsterklärung zu einem eigenen Wald abgibt - eine Voraussetzung, um zu einer Referenznummer zu kommen, die in Zukunft verpflichtend in der gesamten Lieferkette der Holzwirtschaft angegeben werden muss.

"Selbst geübtes Personal hat damit Schwierigkeiten", wie Kubli kommentiert. Die Entwaldungsverordnung wurde geschaffen, um illegale Rodungen in Ländern wie Brasilien zu stoppen. Mit diesem Ziel könne man sich gut identifizieren, sagt Mylius, aber für heimische Betriebe in einem Land mit stabilem und in den vergangenen Jahrzehnten stets gewachsenem Waldbestand, sei es ein unverhältnismäßiger Akt. "Mehr Waldwirtschaft, weniger Zettelwirtschaft", lautet daher eine Forderung der LFBÖ.

Regenwetter ist das beste Wetter

Für 2025 sind die LFBÖ positiv gestimmt. Bei der Holzproduktion werden die heimischen Betriebe ein hohes Niveau halten. Dazu erwarte man eine positive Preisentwicklung. Der Verband hofft auf einen Aufschwung des Bausektors. Damit einhergehen sollte ein Erstarken des Holzbaus. Hilfreich sei hier die Gebäudeemissionsrichtlinie der EU, laut der ab 2030 Neubauten Null-Emissions-Gebäude sein müssen. Ohne vermehrten Holzbau sei dieses Ziel kaum zu erreichen, so Mylius.

Mit einer neuen Kampagne ("Hey, Wald!") will man darüber aufklären, welch wichtige Rolle bewirtschaftete Wälder haben, für die Wirtschaft, aber auch als Erholungs- und Schutzraum. Um Wälder zu schützen, sei es besonders wichtig, sie nicht durch Unachtsamkeit in Brand zu setzen, etwa durch weggeworfene Zigarrettenstummel. Niederschläge werden insofern sehr begrüßt. Mylius: "Auch wenn andere sagen, das aktuelle Wetter ist schlecht: Für uns ist es das beste Wetter."

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