Vom Klimawandel gebeutelte heimische Wälder sollen jünger werden

Junge Frau auf einem Waldweg
Österreich ist eines der waldreichsten Länder in Europa. 48 Prozent des Bundesgebiets sind Wälder. Sie sind ein wichtiger Lebens- und Erholungsraum sowie ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Österreich ist der weltweit neuntgrößte Schnittholzproduzent. Der Klimawandel setzt den heimischen Bäumen aber ordentlich zu. Das zeigt die neueste Waldinventur der Periode 2018 bis 2023.
Trockenheit, Stürme, Borkenkäfer
"Der Wald trägt maßgeblich zum Klimaschutz und zur Energiewende bei, ist aber auch selbst Betroffener des Klimawandels. Wir sehen, dass Trockenperioden, Extremwetterereignisse, Windwürfe und die Verbreitung des Borkenkäfers zunehmen", sagt Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald (BfW). Der Zuwachs in den heimischen Wäldern nehme etwas ab.
4,02 Millionen Hektar werden in Österreich von Wald bedeckt. Die Fläche hat seit den 60er-Jahren stets zugenommen, flacht aber zusehends ab. Der Holzvorrat, also die Holzmenge aller lebenden Bäume, hat gegenüber der Waldinventur 2016/21 etwas abgenommen, von 1.180 Millionen auf 1.174 Millionen Vorratsfestmeter (Vfm). Durch die vermehrt auftretenden klimabedingten Schadereignisse werden derzeit rund 97 Prozent des Zuwachses entnommen.

Die Sägewerke werden sich auf verschiedene Baumarten einstellen
Jüngere Bäume können mehr CO2 binden
"Das ist nicht überraschend, wir sind da in guter Gesellschaft", sagt Mayer. In ganz Europa sei dies ein Trend. In manchen Regionen übersteigt die Nutzung auch 100 Prozent des Zuwachses. Manchmal werden also mehr Bäume aus einem Wald entfernt, als nachwachsen. Gleichzeitig wird auch mehr Totholz als in den vergangenen Jahren im Wald belassen, was der Biodiversität zuträglich ist.
Eine klimafitte Waldbewirtschaftung sei laut Mayer eine wichtige Strategie für die Zukunft. Die Empfehlung von Experten lautet: Verjüngung. "Österreichs Waldbestände sind tendenziell überaltert", sagt Konrad Mylius, der Präsident des Verbands Land & Forst Betriebe Österreich. Ältere Bäume binden weniger Kohlendioxid als jüngere. Die Idee ist, sie nur bis zu einem gewissen Alter wachsen zu lassen, zu schlägern und ihr Holz in Produkte einfließen zu lassen, um CO2 darin noch länger zu binden.
Bunte Wälder halten mehr aus
Die heimische Holzindustrie befinde sich seit drei Jahren in der Krise, sagt Herbert Jöbstl, Obmann des Fachverbands der Holzindustrie Österreichs. "Vitale und gesunde Wälder sind die Grundlage unserer Industrie. Wir wollen auch in hundert Jahren noch Bäume ernten. Deswegen müssen wir heute den klimafitten Waldumbau fortsetzen." Die Wälder sich selbst zu überlassen sei schlecht für Umwelt, Wirtschaft und Klima. Stattdessen müsse man aktiv daran arbeiten, Wälder zu verjüngen und auch auf andere Weise klimafit zu machen.
Wichtige Faktoren dabei seien etwa eine größere Durchmischung und die Verwendung von Baumarten, die mit den Effekten des Klimawandels besser zurechtkommen. Peter Mayer sieht es positiv, dass Laubholzbestände wachsen. Ein "bunter Wald" sei wie ein vielfältiges Aktienportfolio: Er streue Risiken. Die Holzindustrie stelle die Verarbeitung von Laubholz vor größere Herausforderungen als jene von Nadelholz, aber: "Für uns sind verschiedene Baumarten interessant", sagt Jöbstl.
Versuche mit Tannen aus Kalabrien
Es gebe nicht "die eine klimafitte Baumart", sagt Mylius. Jeden Standort müsse man getrennt betrachten. Das BfW führt dazu eine Vielzahl von Versuchen durch. Das Forschungsinstitut sieht Erfolge bei so genannter "unterstützer Migration". Dabei werden etwa Tannen aus Kalabrien gepflanzt und untersucht, wie sie mit heimischen Bedingungen zurecht kommen. Im südlichen Italien jedenfalls gedeihen sie gut. Dort haben sie laut Mayer das Klima, das in 50 Jahren auch in Österreich herrschen wird.

Holzbauprojekte wie das HoHo in Wien können viel CO2 auf relativ wenig Grundfläche speichern
Klimawandel treibt Preise in die Höhe
Damit es dann noch eine lebendige Holzindustrie im Land gibt, brauche es laut den Holzwirtschaftsvertretern bessere Rahmenbedingungen und klare politische Signale. Bei den abgesetzten Produkten und dem Personalstand habe es alleine in den ersten drei Quartalen 2024 einen Rückgang um 7 Prozent gegeben, sagt Jöbstl. Die Energie- und Lohnnebenkosten seien zu hoch. Auch die Bauflaute treffe den Sektor hart.
Standortbedingt hat Österreich ohnehin schon sehr hohe Rundholzpreise. Im Gebirge ist die Ernte schwieriger als im Flachland. Durch klimawandelbedingte "Kalamitäten" sei der Anteil an Schadholz gestiegen, was das Angebot an hochqualitativem Rundholz verknappe und dessen Preis nun zusätzlich in die Höhe treibe, sagt Jöbstl.
320.000 Arbeitsplätze am Spiel
Laut Mylius benötigen Betriebe unbedingt Unterstützung durch den heimischen Waldfonds, um die Verjüngung der Wälder voranzutreiben und aktiv zu bewirtschaften und zu pflegen. Für Österreich gelte es, eine starke Stellung am Weltmarkt und einen bedeutenden Beitrag zur heimischen Wirtschaftsleistung zu verteidigen. 320.000 Arbeitsplätze seien direkt oder indirekt mit der Holzindustrie verbunden.
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