Hotels sperren Ende Mai auf: Wie gut sind sie vorbereitet?
Wenn man im Juli mit der Freundesrunde für ein verlängertes Wochenende im Hotel eincheckt – darf man dann dort überhaupt in der Hotelbar feiern oder muss man um 23 Uhr aufs Zimmer, weil die politisch verordnete Sperrstunde schlägt?
Stand heute lautet die Antwort: aufs Zimmer. Um 23 Uhr gehen die Lichter in der Hotelbar aus. Aber das könnte sich noch ändern, betonen Entscheidungsträger von Kanzler Kurz abwärts. Es werde ständig evaluiert. Stellt sich heraus, dass die Infektionszahlen niedrig bleiben, wird es zu weiteren Lockerungen kommen. Auch für Hochzeiten mit vielen Gästen könnte es im Sommer wieder grünes Licht geben, betonte Kurz diese Woche bei einer Videokonferenz, bei der rund 1.000 österreichische Hoteliers zugeschaltet waren. Allein diese Zahl zeigt, wie viele Fragen die Branche noch an die Politik hat.
Testregion Wörthersee
Fix ist, dass der Wörthersee einer der fünf Pilotregionen Österreichs für die flächendeckende Covid-19-Testung von Mitarbeitern im Tourismus sein wird. Die weiteren Regionen sind Montafon (Vorarlberg), Wilder Kaiser (Tirol), Wachau (Niederösterreich) sowie Spielberg (Steiermark). Fix ist auch, dass pünktlich zum Pfingstwochenende, am 29. Mai, die 16.000 Beherbergungsbetriebe im Land wieder aufsperren dürfen. Viele Hoteliers winken jedoch ab.
Laut einer Umfrage der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) sperrt nicht einmal jeder zweite (genau genommen 45 Prozent) auf. "Unter einer Auslastung von 55 bis 60 Prozent ist es schwierig, profitabel zu arbeiten", erläutert ÖHV-Sprecher Martin Stanits. Aufsperren würden also vor allem jene, die bereits gut gebucht sind. Und zwar von Gästen, die auch sicher anreisen können, was in Zeiten der geschlossenen Grenzen ja alles andere als selbstverständlich ist. "Viele haben zum Beispiel für das Pfingstwochenende Buchungen von Gästen aus den Niederlanden und wissen jetzt nicht, ob sie anreisen können", erläutert Susanne Kraus-Winkler, Hotelierssprecherin in der Wirtschaftskammer Österreich.
Mit Maske auf der Liege?
Was Gäste wie Hoteliers gleichermaßen beschäftigt, ist die Maskenpflicht. Muss man im Sommer 2020 einen Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn man im Hotel eincheckt? Ja, lautet die einfache Antwort. Allerdings ist nicht zu befürchten, dass man ihn während des ganzen Aufenthalts nicht mehr ablegen darf. Im Grunde gelten ähnliche Regeln wie in der Gastronomie: Wenn man das Lokal betritt, gilt Maskenpflicht. Sitzt man mit der Familie am Tisch, nicht mehr. Und auch für alle, die gerne stundenlang frühstücken gibt es eine gute Nachrichten: Das Frühstücksbuffet wird es weiter geben – nur eben mit strengeren Hygieneauflagen.
Bleibt die Frage, ob man heuer mit Maske im Spa liegen muss. In sogenannten Nasszonen sind sie "kontraproduktiv", sagt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger bei der Videokonferenz mit den 1.000 Hoteliers. Deshalb muss man im Spa-Bereich, wie übrigens auch in Küchen, keinen Mund-Nasen-Schutz tragen. Es gelten die bereits bekannten Regeln – einen Meter Abstand halten.
Und zu guter Letzt: Busreisen können stattfinden, allerdings gelten auch hier die Abstandsregeln. Köstinger: "In der Praxis wird das unter anderem heißen, dass nur jede zweite Sitzreihe besetzt werden darf."
Beispiel Hotel Sacher Wien: Wo Abstand halten trainiert wird
Verlassen war das Wiener Traditionshotel Sacher in den vergangenen zwei Monaten nicht. Da wurde Staub gewischt, da wurden die Wasserleitungen gespült und Blumen gegossen. Doch was gefehlt hat, waren die Gäste.
Als die Hotels Anfang April österreichweit schließen mussten, war das Coronavirus schon ein alter Bekannter von Sacher-Chef Matthias Winkler. Bereits im Februar sorgten sich die großen Hotels weltweit bei einer Sitzung im Rom; rascher als gedacht wurde es auch in Österreich ein Thema. Mitte März musste das Sacher in Salzburg schließen, es folgte das Haus in Wien. "Und dann standen wir ohne Menschen da, ohne Mitarbeiter und Gäste", erinnert sich Winkler. Allein in Wien musste der Sacher-Chef 350 Angestellte in Kurzarbeit schicken.
Vorfreude
Umso größer ist die Vorfreude, wenn sich die Türen des Sacher wieder für Hotelgäste öffnen dürfen. Dafür ist schon fast alles bereit: Vor der Rezeption wurde eine Plexiglasscheibe angebracht, die Mitarbeiter mit Maske oder Gesichtsschild ausgestattet. Über die Vorgaben der Regierung hinaus hat man sich international noch ein paar Maßnahmen abgeschaut, erzählt Winkler. "Wir trainieren etwa Abstand halten mit einem Ring um den Körper." Da bekomme man ein Gefühl für den erforderlichen Meter. Zudem drehten die Mitarbeiter selbst Schulungsvideos. Für die Zimmer gibt es eigene Putzpläne. "Ein Putztuch geht nie in ein anderes Zimmer", erklärt der Sacher-Chef. Und nach der Abreise eines Gastes wird ein Zimmer 24 Stunden nicht neu belegt.
Apropos Mitarbeiter: In den vergangenen zwei Monaten beschränkte sich der Kontakt untereinander auf WhatsApp-Gruppen und die hausinterne Kommunikationsplattform. Zuletzt hätten viele schon ein beklemmendes Gefühl gehabt, sagt Winkler. Nun werden sie mit einem Sportsackerl samt Stressball und Infos zu den Hygiene-Vorgaben willkommen geheißen.
Denn leicht wird es in den kommenden Monaten nicht. Das Sacher lebt zu 90 Prozent von internationalen Gästen. Für Juli und August rechnet Winkler mit einer Auslastung von 10 bis 20 Prozent, obwohl es bereits Reservierungen gibt. Ideen, das Beste aus der Situation zu machen, hat der Sacher-Chef einige. So startet er eine Initiative, Schanigärten 365 Tage im Jahr stehen zu lassen. Das schaffe sichere (Arbeits)plätze für Mitarbeiter und Gäste.
Beispiel Hotel Graf Stadion Wien
Schinken, Käse, Eier, Orangensaft – als die Regierung am 13. März die Ausgangssperren verkündete, hat Nadja Zitz alles, das sie unter normalen Umständen am Frühstücksbuffet für die Gäste ihres Hotels angerichtet hätte, an das Personal verschenkt. Seit sieben Jahren betreibt Zitz das Hotel Graf Stadion in der Buchfeldgasse in Wien-Josefstadt.
Es ist keines der bekannten Luxushotels in der Wiener Innenstadt, sondern ein kleines, familiengeführtes. 39 Zimmer, 80 Betten, ein Frühstücksraum, keine Bar, kein Fitnessraum. Das Hotel punkte mit Lage, Service, Sauberkeit. Auf den diversen Online-Plattformen wird es bestens bewertet.
Seit mehr als zwei Monaten stehen die Zimmer nun leer. Hotel-Chefin Zitz hat alle Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, einmal pro Woche wurde in dem Hotel auch während des Lockdowns gearbeitet. Die Blumen sollen ja auch nach der Krise noch blühen.
Schon Reservierungen
Für das erste Wochenende, an dem wieder geöffnet sein darf, sind auch schon Zimmer reserviert: Und zwar 20 Prozent. Das sei gar nicht so schlecht, aber: "Normalerweise sind es zwischen 75 und 80 Prozent", sagt Zitz. Ihr Hotel buchen viele Geschäftsleute und internationale Gäste. Auch viele Deutsche. Ob die Reisegruppe, die sich für Ende Juni angekündigt hat, aber auch tatsächlich kommt, ist fraglich. Zumindest wurde noch nicht storniert. "Wir sind vorsichtig optimistisch", sagt die Chefin. Damit nicht zu viele Gäste gleichzeitig im Frühstücksraum sind, überlegt sie, die Frühstückszeit – bisher von 7 bis 10 Uhr – auf 11 oder 12 Uhr auszudehnen. Auf die genauen Regeln der Verordnung wartet sie noch.
Für die Wiedereröffnung ist sie jedenfalls vorbereitet. Das Desinfektionsmittel steht bereit, zwischen den Mitarbeitern an der Rezeption und den Gästen, die dort ein- und auschecken werden, steht jetzt eine Plexiglasscheibe. "Das werden wir auch nach Corona beibehalten", sagt Nadja Zitz. Schließlich gibt es auch nach der Corona-Krise noch Viren – Grippeviren zum Beispiel.
Beispiel Hotel Kothmühle Neuhofen/Ybbs NÖ
Es gibt fast kein vom Lockdown blockiertes Gastro-Segment, das der niederösterreichische Familienbetrieb Scheiblauer nicht bedient. Die beiden Hotels des Unternehmens erwischte es mit voller Breitseite. Die als Seminar-, Urlaubs- und Wellnesshotel bekannte Kothmühle in Neuhofen/Ybbs und das Schloss an der Eisenstraße in Waidhofen/Ybbs, das im Hochzeits- und Seminarbereich erfolgreich ist, werden nun wieder behutsam geöffnet. Das Ambiente dafür stimmt: Während der Corona-Sperre wurde die vier Millionen Euro teure Modernisierung der 330 Zimmer in beiden Häusern abgeschlossen.
"Wir freuen uns, wenn wieder Gäste im Haus sind", fiebern Christiane und Johannes Scheiblauer dem Pfingstwochenende entgegen. Die Buchungen der ersten Kurzurlaube in der Kothmühle seien recht gut, sagt der Hotelchef. "Wie es im Juni wird, ist ungewiss", erklärt er den langsamen Start. Im Waidhofener Schloss geht’s ab 3. Juli wieder los.
Abstandsregeln
Wenig Probleme bereiten im Stammhaus Kothmühle die Abstandsregeln. "Im Restaurant haben wir ohnehin genügend Platz zwischen den Tischen", sagt Christiane Scheiblauer. Im Wellnessbereich verschafft die neue Ruhezone am Schwimmteich Luft.
Dem erwarteten moderaten Geschäft entsprechend, holen die Scheiblauers das Personal schrittweise zurück. Die 100 Beschäftigten wurden je zur Hälfte zur Kurzarbeit angemeldet und mit Wiedereinstellungszusage gekündigt. Mit dem Kernteam tüftelte man zuletzt am neuen Frühstück und am Zimmerservice. "Wir wechseln vom reinen Buffet zur Mischform. Der Gast kann immer am Platz bleiben, wenn er will". Ebenso wird beim Zimmerservice angeboten, dass während des Aufenthalts als "Safe Option" niemand das Zimmer betritt.
In der Startphase setzt man in der Kothmühle auf Gäste aus Österreich. Rund 500 Seminare waren für heuer in den zwei Häusern gebucht. Das geht vorerst gar nicht. Doch der Hotelchef ist zuversichtlich: "Das kommt wieder, ich bin mir sicher. Auf lange Sicht geht es nicht ohne sozialen Kontakt."
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