Herbstschuhe schon im Juli im Handel: Das soll sich ändern
Seit Friedrich Ammaschell sein 60 Quadratmeter großes Schuhgeschäft in Mödling am 14. Mai wieder eröffnet hat, hat er vor allem Alltags- und Hausschuhe verkauft. Elegante Schuhe werden zum Ladenhüter, da Feste wie Hochzeiten und Firmungen ins Wasser fallen. Ammaschell, der auch Obmann des Vereins der österreichischen Schuhwirtschaft ist, rechnet für seine Branche bis Jahresende mit einem Umsatzeinbruch von bis zu 30 Prozent. Die Lager sind übervoll, die Kassen leer und die Herbstware ist im Anflug.
KURIER: Im Juli kommen die ersten Lieferungen für die Herbst-/Winterware. Ist das nicht absurd?
Friedrich Ammaschell: Ja, ist es. Es gibt deutsche Einkaufsvereinigungen, die das ändern wollen. Sie verschieben die Saisonstarts einen Monat nach hinten. Das ist ein Appell an die Vernunft.
Warum sollte dieser gerade jetzt erhört werden?
Weil aktuell fraglich ist, ob die Lieferketten aus Asien funktionieren. Sprich, ob die Ware nicht ohnehin verspätet ankommt.
Kommt der Großteil der Ware aus Asien?
Der Sportschuhmarkt sowie das Niedrigpreissegment sind fest in chinesischer Hand. Bei CCC kommen geschätzte 60 Prozent der Ware aus China. Hochwertige Ware kommt zu einem guten Teil aus Europa.
Glauben Sie an eine Rückkehr der Produktion nach Europa?
Das ist ein Lieferanten- und Großhandelsthema. Ich kann als Einzelhändler sagen, dass die Kunden jetzt in der Krise sehr solidarisch sind und kleine Fachhändler unterstützen. Also auf Regionalität schauen.
Wie viel Prozent des Umsatzes machen die Einzelkämpfer im Schuhhandel noch?
Fast die Hälfte. Der Schuhhandel ist zu 55 Prozent in Händen der Filialisten. Bis vor zwei Jahren war Leder&Schuh (Humanic, Shoe4You) die Nummer eins, jetzt ist es die deutsche Deichmann-Gruppe. Dass Filialisten in Summe zugelegt haben, liegt auch an der rasanten Expansion von CCC.
Können sich Einzelkämpfer in der Krise behaupten?
Sie haben es schwerer als Ketten. Der nächste Knackpunkt ist das Urlaubsgeld Ende Juni. Manche versuchen, mit Mitarbeitern einen Kompromiss zu finden, etwa eine Auszahlung in Tranchen. Andere werden um einen Überbrückungskredit ansuchen, doch die Banken haben trotz der Staatshaftungen ihre alten Richtlinien bei der Vergabe. Einfach ist es nicht, an Kredite zu kommen.
Hilft der Fixkostenzuschuss?
Das bleibt abzuwarten. Wir haben hohe Abschreibungen auf die Ware, weil sie im Frühjahr liegen geblieben ist. Hier fordern wir einen Fixkostenzuschuss von 60 Prozent auf die abgeschriebene Ware, das würde der Branche helfen.
Viele haben mit ihren Vermietern um einen Mietnachlass während des Shutdowns verhandelt. Wie waren die Erfolgsaussichten?
Die Palette reicht von 100 Prozent Nachlass bis zu null Entgegenkommen. Letzteres war unter anderem bei Einkaufszentren der Fall, deren Management argumentiert hat, dass sie selbst keine Einnahmen gehabt haben. Hier wird der Staat über den Fixkostenzuschuss einspringen.
Händler
Friedrich Ammaschell rechnet heuer mit 30 Prozent weniger Branchenumsatz
250 Euro im Jahr
geben die Österreicher laut Statistik für Schuhe aus, davon 112 Euro für Damenschuhe
8.800Mitarbeiter
beschäftigt der österreichische Schuhhandel
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