Herbstlohnrunde: Es wird immer heißer
Am Montag ist die dritte Runde der Kollektivvertragsverhandlungen in der metalltechnischen Industrie ohne Einigung zu Ende gegangen. Die Zeichen stehen auf Sturm. Doch der Herbst ist nicht nur bei den Metallern ein heißer, auch in anderen Branchen wird heftig gefeilscht. Der KURIER liefert einen Überblick, wie es wo steht.
Die Beschäftigten der Metallindustrie fordern 10,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt und sehen das Angebot von 4,1 Prozent der Arbeitgeber als Provokation. Dass es am Montag um eine Gewinnbeteiligung von maximal weiteren 2,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt erweitert wurde, reicht den Gewerkschaftern nicht.
Die Arbeitgeberseite will, dass die Anti-Teuerungspakete der Bundesregierung bei den Lohnverhandlungen berücksichtigt werden, was die Gewerkschaft ablehnt. Die Streikwahrscheinlichkeit ist in dieser Branche als „hoch“ einzustufen: Am 2. November könnten die Arbeitnehmer Kampfmaßnahmen beschließen, für den Fall, dass die vierte Verhandlungsrunde am 3. November keine Einigung bringt.
Ergebnisloser Abbruch
Die zweite Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für die 130.000 Beschäftigten des privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereichs ist Mittwoch vergangener Woche nach rund zwölf Stunden ergebnislos abgebrochen worden. Die Arbeitgeber bedauerten, dass es noch zu keiner Einigung gekommen ist. Sie besserten ihr Angebot von 7,18 auf 7,5 Prozent, mindestens 150 Euro, auf, die Arbeitnehmer fordern 15 Prozent, mindesten 350 Euro. Die Forderungen sind damit deutlich höher als bei Handel und Metallern, wo die Gewerkschaftsforderungen bei zehn bzw. 10,6 Prozent liegen.
Die Arbeitgeber des Sozialbereichs werfen den Arbeitnehmern vor, mit ihrer Forderung die Hoffnung auf eine Einigung "zerstört" zu haben. 15 bzw. 20 Prozent lägen jenseits aller Vorstellungswelten. Die Gewerkschaft argumentiert, die Mitarbeiter im Gesundheits- und Sozialbereich seien seit drei Jahren im Krisen-Dauereinsatz. Sie brauchten eine Abgeltung deutlich über der Teuerung. Um den Druck zu erhöhen, sollen vom 8. bis 10. November Betriebsversammlungen in der Sozialwirtschaft abgehalten werden. Die 3. Verhandlungsrunde wurde für den 16. November angesetzt. Die Streikwahrscheinlichkeit gilt hier als „mittel“.
Herausfordernde Lage
Die Gewerkschaft GPA fordert für die Beschäftigten im Handel zehn Prozent mehr Gehalt. Als Verhandlungsbasis wurden gemeinsam 6,9 Prozent Inflation vereinbart. Schon vor Beginn der Verhandlungen hatten Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Ausgangslage als "herausfordernd" bezeichnet. Auch wenn beide Seiten das gute Gesprächsklima hervorhoben, waren die Bruchlinien schnell klar.
Die Arbeitnehmer fordern "dauerhafte, kräftige Gehaltserhöhungen", die Arbeitgeber wollen hingegen die staatlichen Teuerungshilfen im Gesamtpaket eingerechnet sehen und gehen davon aus, dass diese jedenfalls 2,5 Prozentpunkte der Inflation wettmachen. GPA-Chefverhandlerin Helga Fichtinger wies den Wunsch der Arbeitgeber zurück. "Die Beschäftigten würden sich dann ihre Gehaltserhöhung mit ihrem Steuergeld selbst bezahlen." Die Streikwahrscheinlichkeit gilt hier als „mittel“.
Kein Fortkommen
Derzeit verhandelt auch die Eisenbahnbranche ihren Kollektivvertrag für das kommende Jahr, kommt aber nicht so recht voran. Die Gewerkschaft vida hat die Gespräche zuletzt abgebrochen und Betriebsräteversammlungen angekündigt. Sie fordert eine Erhöhung von brutto 500 Euro im Monat, die Abgeltung der gestiegenen Produktivität sowie die Einführung eines Bruttomindestlohns von 2.000 Euro.
Die Arbeitgeberseite äußerte ihr Unverständnis über den Ärger der Arbeitnehmervertreter. "Für mich ist völlig unverständlich, dass unser Angebot über sieben Prozent Gehaltserhöhung für die vida tatsächlich die Grundlage für den Abbruch der Gespräche, Betriebsversammlungen und mögliche gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen ist", sagte der Obmann des Fachverbandes Schienenbahnen, Thomas Scheiber. Die Forderungen der Gewerkschaften würden den Bahnunternehmen Mehrkosten von 400 Mio. Euro verursachen, rechnete er heute in einer Aussendung vor. Schreiber bietet weitere Gespräche für den 3. November an. Bei den Eisenbahnern ist die Streikwahrscheinlichkeit derzeit „hoch“.
"Realitätsfremdes" Angebot
Auch bei der Österreichischen Postbus AG haben vergangene Woche die Kollektivvertragsverhandlungen begonnen. Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, der Zentralbetriebsratsvorsitzende Robert Wurm, fordert für die Angestellten und Beamten 11,65 Prozent mehr Gehalt plus einen Sockelbetrag von 300 Euro. Das erste Gegenangebot von Arbeitgeber-Seite – eine Erhöhung der Gehälter um sieben Prozent – bezeichnet Wurm als „realitätsfremd“ – auch, „wenn er ein ehrliches Interesse an einer Annäherung“ ortet. Die Streikwahrscheinlichkeit ist hier „mittel“.
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