Heftiges Ringen der Börsentiere

Die Börsentiere Bulle und Bär.
Optimisten (Bullen) haben gute Argumente – Pessimisten (Bären) aber auch.

Wie die Bauern haben auch die Börsianer ihre Regeln zu Ernteaussichten. Eine davon betrifft den fünften Handelstag an der Wall Street, also heute, den 8. Jänner. Ist der S&P-Index, der die 500 größten US-Konzerne enthält, an diesem Tag höher als zum Schluss des Vorjahres (1848 Punkte), wird es ein positives Aktienjahr. Seit 1950 ist dies mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit eingetroffen. „Ich kenne keine bessere Prognose als diese“, sagt der als Optimist bekannte Börsenexperte Heiko Thieme, der schon viele Jahre in der Finanzmetropole New York arbeitet.

Doch abseits solcher Regeln und anderer Börsenweisheiten: 2013 war an vielen Börsen – etwa in Frankfurt oder New York – ein Jahr mit tollen Kursgewinnen. Was spricht dafür, dass es an den Aktienmärkten weiter nach oben geht und was dafür, dass schmerzhafte Verluste bevorstehen? Der KURIER hat die wichtigsten Argumente zusammengetragen.

+ Kaum Alternativen Die Zinsen auf simple Sparprodukte werden tief im Keller bleiben. Bei Staatsanleihen, die als sicher gelten, sind die Zinsen zwar zuletzt gestiegen, weil sie nicht mehr als Fluchthafen (wie in Hochzeiten der Schuldenkrise) angesteuert werden. Zu verdienen gibt es damit aber weiterhin kaum etwas. „Die tiefen Zinsen provozieren geradezu, in Aktien zu investieren“, sagt Erste-Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck.

+ Dividenden Mit der Konjunkturerholung schaffen es viele Unternehmen, mehr Geld zu verdienen und somit mehr Gewinnanteile an ihre Aktionäre auszuzahlen. Ein Beispiel: Die Dividenden der 50 größten Konzerne im Euroraum werden im Verhältnis zu ihren Aktienkursen heuer 3,7 Prozent ausmachen – eine lockende Rendite.

+ Konjunktur Nach einem flauen Jahr 2013 kommt die Wirtschaft in Schwung. „In Europa sollten wir eineinhalb Jahre Aufschwung erleben“, erwartet Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International. Diese Erholung sei noch nicht zur Gänze in den Aktienkursen enthalten, meinen die Experten.

+ Notenbanken Sprünge bei den Konsumentenpreisen sind derzeit kein Thema. In der Eurozone machte die Inflationsrate im Dezember gerade einmal 0,8 Prozent aus. Somit wird die Europäische Zentralbank ihren Kurs der lockeren Geldpolitik beibehalten – was Unternehmer und Börsianer freut.

- Erwartungsdruck Die Gewinne der börsennotierten Unternehmen rund um den Globus sollen heuer um fast elf Prozent steigen, wird vorhergesagt. Sollte sich im späten Frühjahr herausstellen, dass dieses Ziel zu hoch gesteckt ist, droht eine Kurskorrektur. Zehn Prozent und mehr könnte es dabei durchaus nach unten gehen.

Heftiges Ringen der Börsentiere
- Unsicherheit Börsianer hatten in den vergangenen Monaten die Budget- und Schuldenprobleme in der Eurozone, aber auch in den USA und in Japan praktisch ausgeblendet. Das Krisengespenst kann aber sehr rasch wieder auftauchen. Muss sich Griechenland noch einmal um einen Erlass von Schulden anstellen, könnte es an den Börsen rumpeln.

- Banken Die größten Geldinstitute der Eurozone werden heuer durch die EZB auf Herz und Nieren geprüft. Bis November soll klar sein, welcher Bank es akut an Eigenkapital fehlt. Bis dahin wird wild spekuliert, bei wem es negative Überraschungen geben könnte – mit entsprechenden Kurszacken an den Börsen.

- Zyklen Seit Beginn des aktuellen Börsenbooms sind jetzt fast fünf Jahre vergangen. Wenn der Zyklus noch nicht zu Ende geht, wird die Luft zumindest dünner.

Für die Wiener Börse gelten zudem einige Austriaca: Banktitel haben einen hohen Anteil im Leitindex ATX – der Ausgang des Bankentests ist besonders wichtig für die ATX-Entwicklung. Experten rufen die Regierung auf, Hürden für Aktienanleger abzubauen. Dazu zählt die Steuer auf Kursgewinne. Zudem sollte Großinvestoren wie Pensionskassen erlaubt werden, mehr Aktien zu kaufen.

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