Hattmannsdorfer: „Wir brauchen mehr Mut zu ‚Europe first‘“
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer drängt auf mehr europäischen Egoismus.
Selten hat die Beschaffung neuer Züge für so viel Aufregung gesorgt wie jene der Westbahn beim chinesischen Hersteller CRRC. Die Bekanntgabe dieses Vorhabens vor zwei Wochen ließ die Diskussion um Europas Rolle im Welthandel wieder aufkochen. Es werde zu wenig dafür getan, um Wertschöpfung im eigenen Wirtschaftsraum zu halten, lautet der größte Kritikpunkt. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) bezieht hier eine klare Position: Europa brauche mehr Mut zu „Europe first“.
„Wenn China und die USA konsequent ihre eigenen Interessen in den Mittelpunkt stellen, dann darf Europa nicht am Spielfeldrand stehen“, so Hattmannsdorfer. „Wir brauchen einen Paradigmenwechsel beim Einsatz öffentlicher Mittel: Europäisches Geld muss in erster Linie heimische Wertschöpfung stärken – nicht internationale Konkurrenz finanzieren.“
Strategische Vorteile sollten mehr zählen als Preis
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge etwa sollten deshalb nicht nur Kosten bewertet werden. Man müsse die strategische Bedeutung für den eigenen Standort im Fokus haben. Das europäische Beihilfen- und Vergaberecht sollte daran angepasst werden.
Auch auf nationaler Ebene könne viel dafür getan werden, um Wertschöpfung im eigenen Staatenverbund zu halten. Das beste Beispiel dafür sei der „Made in Europe“-Bonus bei der Förderung neuer Photovoltaik-Anlagen. Wer einen Investitionszuschuss gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) beantragt, erhält zusätzlich bis zu 30 Prozent der Fördersumme, wenn er zu (weitgehend) europäischen Produkten greift.
Wechselrichter, PV-Module oder Speicher können z. B. schon Komponenten aus Asien enthalten, aber es muss eine gewisse europäische Wertschöpfung vorliegen. Die EAG-Abwicklungsstelle hält Listen von Herstellern und Produkten bereit, auf der auch einige österreichische Vertreter zu finden sind, etwa Wechselrichter von Fronius, PV-Module von Sonnenkraft oder Speicher von Miba.
Unbürokratische Vergabe wird erleichtert
Wie aktuelle Zahlen zeigen, scheint der „Made in Europe“-Bonus gut angenommen zu werden. Beim 3. und letzten Fördercall 2025 wurden 21.152 Anträge eingereicht. In 10.020 Fällen wurde ein Wechselrichter aus Europa inkludiert, in 4.010 Fällen PV-Module, in 3.823 Fällen Speicher aus Europa. „Mit dem ‚Made in Europe‘-Bonus haben wir in Österreich den ersten Schritt gesetzt. So bleibt Wertschöpfung in Europa, wir sichern Arbeitsplätze und machen uns unabhängiger von Drittländern“, so Hattmannsdorfer. Es sei aber nicht die einzige Maßnahme der Regierung mit diesem Ziel gewesen.
Im März wurde etwa außerdem beschlossen, die Anhebung des Schwellenwerts für Direktvergaben von 100.000 auf 143.000 Euro – das von der EU festgelegte Maximum – zu erhöhen. Öffentliche Stellen können so ohne Ausschreibung Aufträge vergeben. Davon sollen vor allem kleine und mittelgroße Betriebe profitieren.
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