Der Zug ist noch nicht abgefahren

Hans Peter Haselsteiner, Dr., stellt die neuen Zuege der Westbahn vor. Westbahnhof, 1150 Wien
Die Bestellung der Westbahn beim chinesischen Bahnriesen CRRC sorgt für Diskussionen. Europa sollte sich in der Frage klar positionieren.
Patrick Dax

Patrick Dax

Die Debatte ist nicht neu. Unter anderem bei Photovoltaik-Modulen oder E-Autos wurde sie mit unterschiedlichen Ergebnissen bereits geführt. Nachdem bekannt wurde, dass die Westbahn Züge des chinesischen Herstellers CRRC bestellt hat, hat sie mit voller Fahrt auch die Bahnindustrie erreicht. Verkehrsminister Peter Hanke, aber auch die Gewerkschaft fordern Zugangsbeschränkungen für den chinesischen Bahnhersteller CRRC in der EU. 

Europäische Hersteller weisen seit Längerem auf Wettbewerbsnachteile gegenüber dem Bahnriesen aus Fernost hin. CRRC werde kräftig vom chinesischen Staat gefördert und kann nicht zuletzt deshalb die Konkurrenz preislich deutlich unterbieten, heißt es. Bei öffentlichen Ausschreibungen gibt es in der EU bereits Schranken. Hersteller, die Subventionen, Steuervergünstigungen oder andere Begünstigungen von Drittstaaten erhalten, sind von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen. In Portugal wurde deshalb vor Kurzem eine EU-Untersuchung gegen eine CRRC-Tochter eingeleitet. In anderen Fällen wurden Angebote von dem chinesischen Hersteller zurückgezogen. 

Für private Anbieter, wie die Westbahn, gilt die Regel nicht. Die Angebote aus China sind für sie verlockend. Sie müssen im Wettbewerb bestehen.

Stimmen, wie jene von Ex-Kanzler und Bahnmanager Christian Kern, haben sicherlich einen Punkt, wenn sie sich gegen allzu strikte Maßnahmen aussprechen. Importverbote sind überzogen. Es gibt auch andere Möglichkeiten, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen und europäische Unabhängigkeit in Schlüsselbereichen zu gewährleisten.  Umgekehrt ist es keinesfalls so, dass Hersteller aus Europa in China mit offenen Armen empfangen werden. Man dürfe auf dem chinesischen Markt nicht einmal ein Angebot legen, sagen Manager aus der Bahnindustrie. 

Für Österreich ist die Frage doppelt heikel. Die Bahnindustrie ist hierzulande traditionell stark. Mehr als 34.000 Menschen werden beschäftigt. Technologisch ist man gut aufgestellt. Der Exportanteil beträgt fast 70 Prozent.

Zeitenwende

Dazu kommt, dass die Zeiten sich geändert haben. Jahrzehntelang gültige Spielregeln im globalen Handel werden zunehmend ausgehebelt. Die Welt dividiert sich auseinander. Die EU muss ihren Platz in dem sich wandelnden Kräftegefüge erst finden. Die Bahnindustrie zählt auch zum Bereich der kritischen Infrastruktur. Auch deshalb ist  Vorsicht geboten. Notwendig ist ein klares Bekenntnis zu Europa und zu europäischen Herstellern, auch weil sich in anderen Bereichen, etwa der Stahlindustrie, bereits ähnliche Diskussionen abzeichnen.

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