Mahrers Geduld mit Politik zu Ende: "Die schlafen in der Pendeluhr"

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer
Der Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer über die Versäumnisse der Politik in der Energiekrise, die Lage der Unternehmen und die Rolle der WKO.

Vor der Sommerpause meldet sich Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer mit einer klaren Forderung an die europäische und österreichische Politik zu Wort. Um im Herbst eine Energiekrise zu verhindern, muss das Tempo von Entscheidungen erhöht werden.

KURIER: Herr Mahrer, wenn man sich die Debatten zu Energiepreisen, Gasknappheit etc. ansieht, hat man den Eindruck, entweder wird in Deutschland Panik gemacht oder Österreich hat die rosarote Brille auf.  Wo liegt die Wahrheit?

Mahrer: Die Debatte in Deutschland ist ehrlicher, der Energieminister spricht offener. Das ist auch notwendig, man muss den Bürgern sagen, was auf uns zukommen kann. Wir als Sozialpartner haben schon Anfang März gesagt, dass die Sanktionspolitik und die Entscheidungen in Brüssel Folgen haben. In Österreich wurde es versäumt, der Bevölkerung zu sagen, was der Preis dafür ist. Da rollt eine Bedrohungslawine auf uns zu mit weiteren Teuerungen. Das muss man offen ansprechen.

Aber was ist unehrlicher in Österreich? Weiß die Regierung mehr, als sie uns sagt?

Nein, sie kann auch nicht wissen, ob Russland den Gashahn abdreht. Aber es braucht klare Pläne, wo der Ersatz herkommen soll und über welche Infrastruktur. Die Nachfrage bleibt recht unverändert hoch, vieles ist ohne Gas nicht möglich, zum Beispiel die Fernwärme in Wien. Die funktioniert ja auch mit 75% Gas und nicht durch magisches Handauflegen. Oder am Land, dort hängt das Fernheiznetz oft an der Prozessabwärme von unseren tollen Industriebetrieben, da kann man nicht einfach abschalten.

KURIER Talk mit Harald Mahrer

Wie dramatisch ist die Situation aus Ihrer Sicht?

Die Frage ist, wie lange das dauert und wann das passiert. Können wir die Speicher noch füllen? Es ist gut, dass wir unsere Energieministerin dazu gebracht haben, dass es da jetzt mehr Transparenz gibt und Szenarien, wie lang wir in unterschiedlichen Situationen auskommen würden. Ein Lieferstopp im Sommer wäre natürlich deutlich einfacher auszuhalten als im Herbst, wenn wir heizen müssen.

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