Handelsverbands-Chef: „Marktmacht ist per se nichts Schlechtes“

Handelsverbands-Chef: „Marktmacht ist per se nichts Schlechtes“
Rainer Will über hohe Lebensmittelpreise und warum es das versprochene Preisvergleichsportal bis heute nicht gibt

Der Handelsverband ist freiwillige Branchenvertretung und Sprachrohr für 4.000 Mitgliedsbetriebe. Der KURIER sprach mit Geschäftsführer Rainer Will über Wettbewerb, Preistransparenz und Shrimps aus Sri Lanka.

KURIER: Laut Untersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde vom Vorjahr gibt es im heimischen Lebensmittelhandel zwar keine Preisabsprachen, aber unfaire Praktiken. Welche Konsequenzen zog die Branche daraus?

Rainer Will: Wir haben schon vor einiger Zeit eine Ombudsstelle angeregt, an die sich Landwirte oder Produzenten direkt wenden können. Das gab es davor nicht. Wir wollen eben nicht, dass aus Einzelfällen immer eine ganze Branche geschädigt wird, weil sich die überwiegende Anzahl sehr bemüht.

Gibt es schon eine Zwischenbilanz der Ombudsstelle?

Es waren genau 21 Fälle, die im ersten Bericht dieser Ombudsstelle festgehalten wurden. Das ist eine überschaubare Anzahl. Eine Praxis, die beanstandet wurde, war beispielsweise, dass bei Zitrusfrüchten die Zahlungsziele nicht mehr bei 60 Tagen liegen dürfen, sondern nur noch bei 30 Tagen. Das war branchenweiter Usus und nun hat man das angepasst.

Ein Thema ist nach wie vor die Marktmacht der vier großen Lebensmittelhändler Rewe, Spar, Hofer und Lidl, die gut 90 Prozent des Marktes beherrschen. Ist das fair?

Marktmacht ist per se nichts Schlechtes, wenn sie nicht missbraucht wird. Oftmals wird nur von den „drei oder vier Großen“ gesprochen. Faktum ist aber, dass es viele mehr gibt. MPreis macht auch viel Umsatz, Unimarkt, Denns oder Sutterlüty. Oftmals wird auch nicht gesehen, dass gerade die großen Unternehmen Rewe und Spar eine Kaufmannsstruktur miterhalten. Genossenschaftliche und einzelunternehmerische Lebensmittelhändler in den Regionen können nur bestehen, weil sie gemeinsam über diese großen Strukturen günstig einkaufen. Die kaufen nicht Shrimps aus Sri Lanka selbst, das wäre unfinanzierbar. Ich kenne keine andere Branche, wo eine solche Art des Miteinanders besteht.

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