Seit wenigen Tagen erst läuft der Testbetrieb, man wolle Erfahrungswerte mit den SB-Kassensystemen unter Echtzeitbedingungen sammeln, heißt es dazu auf Anfrage in der Rewe-Zentrale in Wiener Neudorf.
Ohne Bargeld geht's nicht
Der erste Erfahrungswert dürfte auch gleich der zentrale gewesen sein: Ab Morgen, Donnerstag, wird es an einer der Selbstbedienungskassen der Filiale auch wieder möglich sein, mit Bargeld zu bezahlen, bestätigt eine Sprecherin. Der Unmut mancher Kunden, den auch eine Filial-Mitarbeiterin mehrmals am Tag zu hören bekommt, dürfte gewirkt haben. "Das ist die Zukunft, aber die Leute beschimpfen uns. Wenn es nach mir geht, könnte der Test morgen schon wieder aus sein", sagt die Angestellte, die an der SB-Kassa aushelfen muss, falls Kunden Probleme beim Bezahlen haben.
Testlauf bis April angesetzt
Absichtlich in der frequenzschwachen Zeit der Wiener Semesterferien hat Billa den Testbetrieb in der Filiale am Rande des Praters gestartet. Auf mehrere Woche bis April ist der Test angelegt. Es sei nicht daran gedacht, den Testbetrieb in echt auf andere Standorte zu übertragen. Sehr wohl aber könnte es weitere Testfilialen auch außerhalb Wiens in stärker frequentierten Filialen geben, heißt es. Wo genau, werde erst noch evaluiert. Fix ist, dort wird es dann auch jeweils eine Selbstbedienungskassa geben, wo die Bargeldzahlung möglich sein wird.
Die Gegner des rein bargeldlosen Supermarktes dürfte die Nachricht freuen, dass Billa bereits nach wenigen Tagen einlenkt.
Arbeiterkammer plädiert für Wahlfreiheit
AK-Konsumenschutz-Chefin Gabriele Zgubic sagt zum KURIER: "Es gehen ja auch Kinder eine Jause kaufen oder ältere Menschen, die mit der Kartenzahlung überfordert sind. Gerade für den täglichen Einkauf von Lebensmitteln muss die Wahlfreiheit zwischen Bargeld und Karte unbedingt erhalten bleiben." Die AK Tirol war es, die im Vorjahr die Einstellung eines ähnlichen, bargeldlosen Testbetriebes bei der Supermarktkette MPreis samt einer gerichtlichen Abmahnung erreichte. Soweit ist man mit Billa noch nicht. Zgubic: "Wir schauen uns das jetzt einmal genauer an."
Ganz prinzipiell ablehnend gegenüber einer bargeldlosen Bezahlwelt ist auch Nationalbank. Der zuständige OeNB-Bargeld-Chef Matthias Schroth sagt zum KURIER: "Solche Entwicklungen verfolgen wir mit sehr großer Sorge. Wir möchten, dass die Menschen ihre Einkäufe weiterhin bar bezahlen können, wenn sie das möchten und Bargeld bei solchen Geschäften nicht abgelehnt werden darf bzw sie gezwungen werden, Karten, also private Zahlungsmittel, zu verwenden."
Annahmepflicht kann auch Ausnahmen haben
Gerade dieses Vertrauen, dass ich zB meine Lebensmittel überall mit meinem Bargeld erhalte, sei ein Grundpfeiler des öffentlichen Geldes. Das ist auch gesetzlich umsetzbar, Länder wie Frankreich, Belgien und andere hätten das schon bewiesen. Eine umfassende Annahmepflicht bedeutet im Übrigen nicht, dass es nicht auch wenige sinnvolle Ausnahmen geben muss, wie zB für den Onlinehandel oder wenn ich einen E-Scooter brauche.
Die OeNB sehe solche „Tests“ sehr kritisch, "weil man ja nur etwas testet, was man dann auch auf Dauer eventuell einführen möchte". Eine zunehmende Ablehnung von Bargeld schließe immer mehr Gruppen aus und auch andere Länder, die als cashless-Vorreiter gelten, würden das erkennen und hätten Maßnahmen zum Schutz des Bargelds eingeleitet, so Schroth.
Auch VKI-Jurist Joachim Kogelmann ist mehr als skeptisch. Er sagt zum KURIER: "Die rechtliche Zulässigkeit eines pauschalen gänzlichen Ausschlusses von Bargeldzahlungen in einem Lebensmittelgeschäft scheint uns mehr als fraglich zu sein."
Gerade dann, wenn besonders schutzbedürftige Gruppen von Kundinnen und Kunden, wie Schulkinder oder auch ältere Verbraucher, von diesem Ausschluss der Bargeldzahlung betroffen sind, fehle aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht jegliche sachliche Rechtfertigung.
Auf Basis dieser Argumentation musste auch MPreis einlenken und seinen Bargeld-Testlauf in Tirol beenden.
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