Sie sind also optimistisch?
Die Lage ist besser als die Stimmung. Die Industrie ist zwar nach wie vor sehr unter Druck, aber die Dienstleistungen und vor allem der Tourismus werden neue Rekordwerte erreichen. Zur Verstärkung dieser positiven Entwicklung brauchen wir eine wachstumsorientierte Politik. Also weitere Steuersenkungen, Senkung der Lohnnebenkosten und antizyklische Investitionen, wie sie von den Beteiligungsunternehmen der ÖBAG gemacht werden.
Zum Beispiel? Die BIG verdoppelt ihre Investitionen, der Verbund erhöht sie, die Telekom investiert sehr viel in den Netzausbau. Auch der Flughafen verdoppelt seine Investitionen.
Bedrohungen für die Konjunktur sehen Sie nicht?
Doch, die negative Entwicklung unseres wichtigsten Handelspartners Deutschland. Daraus kann man lernen, was man auf keinen Fall machen darf.
Und das wäre?
Die Umweltpolitik muss im Einklang stehen mit einer guten Wirtschaftsentwicklung. Ohne diese können wir uns den Sozialstaat nicht leisten. Zwei Drittel des Budgets werden für Soziales, Gesundheit und Bildung ausgegeben. Wir werden den Wohlstand mit einer Hängematten-Gesellschaft nicht aufrechterhalten können und uns auch die ökologische Transformation nicht leisten können.
Was stört Sie besonders?
Vor allem die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Das wäre der sichere Weg zu ,Österarm’ statt ,Österreich’. Die Kreditrestriktionen für Eigenheime belasten nicht nur die verhinderten Häuslbauer, sondern die Wirtschaftsentwicklung insgesamt. Eine Reihe von Pleiten in letzter Zeit sind leider auf die Nachfrage-Einbrüche im Wohnbau zurückzuführen. Daher sollten diese Restriktionen raschest beseitigt werden.
Mit dem schleppenden Ausbau der Infrastruktur müssen die ÖBAG-Unternehmen doch auch Probleme haben.
Natürlich, das betrifft die Strom- und Gasnetze. Aber auch andere Großprojekte wie Kraftwerksbauten oder Windparks leiden nach wie vor unter den komplizierten Genehmigungsverfahren. Es ist völlig unverständlich, dass mit dem Standortsicherungsgesetz das Beschleunigen der Verfahren beschlossen wurde, die tatsächliche Umsetzung bisher aber verhindert wurde. Das gefährdet die Energiewende. Es gibt aber keine Energiewende ohne Netzausbau, außerdem wird Strom massiv verteuert. Für viele Photovoltaik-Projekte fehlt der Netzanschluss und für die Überproduktion fehlen die Speicherkapazitäten.
Wo hat die Politik noch Handlungsbedarf?
Zu einer Wachstumsoffensive gehört auch der Anreiz, länger zu arbeiten. Ab dem Regelpensionsalter sollten die Pensionsbeiträge gestrichen und Überstunden nicht besteuert werden. Wir brauchen Leistung. Und das EU-Lieferkettengesetz ist ein Bürokratiemonster ohne erkennbaren Nutzen.
Zur ÖBAG – mit welcher Dividende kann der Finanzminister für 2023 rechnen?
Die Rekorddividende von 1,5 Milliarden, die primär der Energiepreis-Situation zu verdanken war, wird die ÖBAG nicht übertreffen, aber die Entwicklung ist gut. Zu den positiven Wirtschaftsperspektiven gehört ja auch, dass die Strom- und Gaspreise deutlich zurückgehen, was die Voraussetzung dafür ist, dass wir als Standort wettbewerbsfähig bleiben.
Wie sehen Sie den geplanten Zusammenschluss der OMV-Mehrheitstochter Borealis mit dem Chemiebereich des OMV-Aktionärs Adnoc aus Abu Dhabi?
Es geht um eine sehr wichtige und zukunftsorientierte Weichenstellung für die Weiterentwicklung des Chemie-Geschäfts zu einem global aufgestellten Player. Ich sehe das für Österreich als sehr wünschenswert.
Aber die OMV wird doch auf Öl und Gas reduziert mit einer Finanzbeteiligung an einem Chemiekonzern. Das ist wünschenswert?
Das ist keine Finanzbeteiligung. Die Zusammenarbeit der beiden Partner Adnoc (Abu Dhabi National Oil Company) und OMV bietet Wachstums- und damit auch Ertragspotenzial, das keiner alleine erzielen könnte. Ich halte das für sehr vorteilhaft für die Entwicklung der OMV.
Noch aber sind wichtige Fragen nicht geklärt. Etwa wer den CEO bestellt, eine Börsennotierung in Wien und das Headquarter.
Die Standortinteressen müssen auf jeden Fall gewahrt sein. Alle diese Fragen sind Entscheidungen auf der Ebene der OMV.
Die OMV hat schon vier Milliarden für Borealis an Abu Dhabi gezahlt. Jetzt sollen weitere knapp 2 Milliarden fließen. Adnoc kassiert die kleinere OMV ordentlich ab.
Hier entsteht ein Gemeinschaftsunternehmen mit einer Börsenkapitalisierung von 40 bis 50 Milliarden Euro, in das jeder etwas einbringt.
Wo soll die ÖBAG in fünf Jahren stehen?
Die ÖBAG hat vom Gesetz her die Möglichkeit, neue Minderheitsbeteiligungen einzugehen, die keine Sanierungsfälle sein dürfen, an Unternehmen mit Standortbedeutung. Es wäre schön, wenn die ÖBAG in einigen Jahren mehrere neue Beteiligungen hätte. Die ÖBAG ist nach Jahren der Unruhe in einem konstruktiven, guten Fahrwasser und wird von Edith Hlawati gut geführt. Der Aufsichtsrat ist sehr intensiv in strategische Fragen involviert.
Was ist mit einem Einstieg beim Leiterplattenhersteller AT&S?
Die Entscheidung liegt bei den AT&S-Hauptaktionären. Sie müssten ihr Interesse konkretisieren.
Zur Person
Der Jurist begann bei der Volksfürsorge Jupiter Versicherung, wechselte 1981 als Geschäftsführer ans Friedrich Funder Institut und war Vize-Direktor der Politischen Akademie. 1992 Start in die Energie- und Telekom-Wirtschaft mit Stationen bei Verbund, Bewag, UTA, Burgenland Holding und EVN. Seit 2011 Vorstand der Flughafen Wien AG, seit 2022 Aufsichtsratsvorsitzender der Staatsholding ÖBAG mit Beteiligungen an Telekom, OMV, Verbund, BIG, Casinos, Post, Euro Telesites. Aufsichtsratschef der Hypo NÖ, Vize des Wiener Städtische Vereins
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