Warum Australier mit glutenfreiem Mehl aus Klagenfurt Brot backen

Glutenfreies Brot von Dr. Schär auf einem Schneidebrett.
Das Südtiroler Unternehmen Dr. Schär profitiert vom Glutenfrei-Trend. Sein Standort in Österreich ist wichtig und wird ausgebaut.

Zusammenfassung

  • Dr. Schär profitiert vom Glutenfrei-Trend und steigert den Umsatz durch Produkte für Menschen mit und ohne Zöliakie.
  • Der Standort Klagenfurt ist zentral für die Produktion glutenfreier Mehlmischungen, die weltweit exportiert werden, und wird mit 3,3 Millionen Euro ausgebaut.
  • Trotz hoher Lohnkosten setzt das Unternehmen auf Effizienz und fokussiert sich weiterhin auf Menschen mit medizinischer Indikation.

Viele Menschen können sich gar nicht vorstellen, ohne Brot, Nudeln oder Pizza leben zu können. Darin steckt aber Gluten, auch Klebereiweiß genannt. Eine von hundert Personen verträgt das schlecht und leidet an Zöliakie. Essen sie glutenhaltige Lebensmittel, droht eine chronische Darmentzündung. Auf Pizza, Nudeln und Brot müssen sie aber oft dennoch nicht verzichten, weil es glutenfreie Ersatzprodukte gibt.

Gelb-rote Dominanz im Glutenfrei-Regal

Ihr Absatz steigt seit Jahren - nicht nur weil bei immer mehr Menschen Zöliakie diagnostiziert wird. "Free From"-Lebensmittel liegen im Trend. Viele Menschen, die auf gesundheitsbewusste Ernährung achten wollen, greifen auch zu glutenfreien Produkten, obwohl das aus medizinischer Sicht nicht notwendig wäre.

Das Familienunternehmen Dr. Schär aus Burgstall in Südtirol profitiert davon. Es ist einer der größten Hersteller von Glutenfrei-Produkten. Dem einen oder anderen Supermarkt-Besucher wird vielleicht schon aufgefallen sein, dass viele Glutenfrei-Regale von den gelb-roten Produkten der Marke "Schär" dominiert werden. 2024 war für Dr. Schär ein Rekordjahr mit einer Umsatzsteigerung um 11 Prozent auf 624 Millionen Euro. 1.760 Mitarbeiter zählt das Unternehmen an 18 Standorten in 12 Ländern. Auch in Klagenfurt ist Dr. Schär ansässig. Der Standort ist für das Unternehmen von großer Bedeutung.

Für die Qualitätssicherung von Dr. Schär werden in Klagenfurt auch glutenfreie Kekse gebacken.

Für die Qualitätssicherung werden in Klagenfurt auch glutenfreie Kekse gebacken.

Mehlmischungen für die ganze Welt

"Klagenfurt zeichnet sich als zentraler Hub für Dr. Schär aus", sagt Mario Schmied, Geschäftsführer von Dr. Schär Austria. "Wir fertigen für die anderen Werke Vormischungen aus glutenfreien Rohstoffen." Im Jahr werden über 20.000 Tonnen Rohstoffe verarbeitet, u. a. Reis und Mais. "Unsere zweite Schiene sind fertige Mehlmischungen für Endverbraucher", so Schmied. Mischungen für Nudelteig, Pancakes oder Brot, die man im Supermarkt kaufen kann, werden zentral in Klagenfurt produziert und in alle Welt geliefert. "Unsere Mehlmischungen bekommt man auch in Australien."

Das Kärntner Werk kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Schon in den 50er-Jahren wurden an dem Standort Lebensmittel produziert. Das biochemische Nährmittelwerk Dr. Iglauer wechselte in den Jahrzehnten darauf mehrmals die Besitzer. 2015 übernahm Dr. Schär das Werk vom niederländischen Unternehmen CSM. Es sollte eigentlich geschlossen werden, auf Initiative des Geschäftsführers Gerald Seiler wurde dann doch ein neuer Eigentümer gewonnen.

Standort Klagenfurt wird ausgebaut

Dabei gab es eine große Herausforderung, schildert Schmied: "Bis dahin wurden glutenhaltige Produkte erzeugt." Um jegliche Rückstände davon zu entfernen, musste das Werk monatelang gereinigt werden. Es hat sich ausgezahlt. 2015 arbeiteten nur 14 Mitarbeiter am Klagenfurter Standort, heute sind es knapp 70. Bei den Produktionskapazitäten kommt der Standort an seine Grenzen, weshalb Dr. Schär nun 3,3 Millionen Euro in den Ausbau investiert.

Um das Geld wird eine neue, 1.500 Quadratmeter große Lagerhalle errichtet. "Wir sind aus allen Nähten geplatzt", sagt Schmied. Der zusätzliche Platz bringe Vorteile für die Auslieferung und die Verfügbarkeit der Produkte. Außerdem können zwei zusätzliche Produktionslinien aufgebaut werden. In den kommenden Jahren würden so zehn bis 15 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.

Der Dr. Schär Standort Klagenfurt wird ausgebaut. Menschen mit Spaten und Bautellenhelmen signalisieren die kommende Errichtung einer neuen Lagerhalle.

Der Dr. Schär Standort Klagenfurt wird ausgebaut. Um 3,3 Millionen Euro entsteht eine neue Lagerhalle.

Effizienz kann hohe Lohnkosten kompensieren

Bei der Suche nach Mitarbeitern werde besonders auf Zuverlässigkeit geachtet, sagt Schmied: "Die über 20.000 Tonnen, die wir produzieren, isst irgendjemand. Dabei darf nichts passieren." Hygiene und Verantwortungsbewusstsein seien die wichtigsten Voraussetzungen.

Die hohen Lohnkosten in Österreich seien auch für Dr. Schär eine Herausforderung, kommentiert der Geschäftsführer eine oft gehörte Kritik aus der Industrie. "Wir müssen es einfach schlauer machen als die anderen, und das tun wir. Unsere Effizienz steigt Jahr für Jahr. Das ist unser Know-how. Wenn wir das behalten, sind wir nach wie vor wettbewerbsfähig."

Dr. Schär Austria Geschäftsführer Mario Schmied

Mario Schmied ist seit Jänner 2024 Geschäftsführer von Dr. Schär Austria.

Fokus auf Menschen mit medizinischer Indikation gelegt

International hat Dr. Schär starke Konkurrenten. Große Lebensmittelkonzerne bieten immer öfter auch glutenfreie Produkte an. Nudelhersteller Barilla etwa hat auch glutenfreie Spaghetti, Fusilli und Penne im Programm. Für Dr. Schär ist die Glutenfrei-Sparte die mit Abstand wichtigste. Das Unternehmen versucht sich jedoch auch als Anbieter von Nahrungsmitteln für Menschen mit anderen besonderen Ernährungsbedürfnissen zu positionieren, etwa Personen mit chronischem Nierenversagen oder rheumatischer Arthritis.

Dass Kunden diese Produkte auch kaufen, wenn sie eigentlich keine Unverträglichkeiten aufweisen, bringt dem Unternehmen satte Einnahmen. Laut Schmied sei dies ein positiver Nebeneffekt, aber: "Das ist nicht unser Fokus."

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