KV-Verhandlungen: Gewerkschaft fordert Nachtzuschlag für Handel

CORONAVIRUS: MASKENPFLICHT IN SUPERMÄRKTEN
Immer mehr Handelsangestellte arbeiten auch nachts. Das ist auch Thema bei den bevorstehenden KV-Verhandlungen

Eines vorweg: Es gibt in Österreich keinen zweiten Kollektivvertrag (KV), der so viele Arbeitnehmer betrifft, wie der Handels-KV: „Wir verhandeln für 430.000 Angestellte und 15.000 Lehrlinge“, sagt Anita Palkovich von der Gewerkschaft GPA. Start der Verhandlungen ist der 21. Oktober. Die Rahmenbedingungen sind alles andere als einfach.

Durch die Handelslandschaft geht ein Riss. Auf der einen Seite jene Betriebe, deren Geschäft in der Pandemie zum Erliegen gekommen ist – etwa Mode- und Schuhhändler. Auf der anderen Seite die so genannten Krisengewinner, wie Supermärkte und Einrichtungshäuser. Sie alle unter einen Hut, also unter das Dach eines Kollektivvertrages, zu bekommen, war schon vor der Pandemie keine leichte Übung. „Ich stelle mich auf sehr lange, schwierige Verhandlungen ein“, sagt Arbeitnehmervertreter Martin Müllauer, der auch Betriebsratsvorsitzender der Morawa Buch- und Medien GmbH ist.

Aus seiner Sicht liegen die Fakten auf dem Tisch. „Im Handel gibt es derzeit 20.000 offene Stellen, weil die Arbeitszeiten- und Bedingungen schlecht sind und der Verdienst gering. So kann das definitiv nicht weitergehen.“

In den vergangenen Monaten hätten sich „haarsträubende und unwürdige Praktiken“ eingebürgert, sagt Palkovich. Händler würden von ihren Mitarbeitern immer mehr Nachtarbeit verlangen, etwa im Lebensmitteleinzelhandel, wo „im Akkord Wurstplatten gelegt werden“. Um alles rechtzeitig abholbereit zu haben, oft auch zwischen 21 und 6 Uhr. Oder es müssen in der Nacht die Regale aufgefüllt und Aktionsware geschlichtet werden. „Das ganze ohne die Bezahlung von Nachtzuschlägen, das gibt es in keiner anderen Branche“, sagt Palkovich.

50 Prozent von 21 bis 6 Uhr

Die Gewerkschaft fordert einen Nachtzuschlag von 50 Prozent für Arbeiten zwischen 21 und 6 Uhr. Und Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten soll fair und schnell abgegolten werden. Zum Status quo: Derzeit müssen Arbeitgeber Mehrarbeit von Handelsteilzeitkräften erst drei Monate nachdem sie verrichtet wurde abgelten. Ein klarer Nachteil gegenüber Vollzeitbeschäftigten, deren Überstunden im Folgemonat beglichen werden müssen.

Das zu erwartende Argument, dass sich Händler das nicht leisten können, lässt Palkovich nicht gelten: „Mehr- und Nachtarbeit findet nur statt, wenn es im Betrieb genügend Arbeit und damit Umsätze gibt.“ Ebenfalls auf Wunschliste für die anstehende KV-Runde: Ein Digitalisierungsbonus von 250 Euro für Lehrlinge und natürlich eine Gehaltserhöhung für alle. In welchem Ausmaß, wird erst zum Verhandlungsstart kommuniziert.

"Pandemie noch nicht vorbei"

Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik will die Forderungen der Gewerkschaft noch nicht im Detail kommentieren. „Sie wurden mir ja offiziell noch nicht überreicht.“ Er bremst wenig überraschend die Erwartungen. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei.“ In vielen Tourismusgebieten im Westen des Landes wie auch in Wien könne noch lange keine Rede von Normalität sein. Nicht einmal im Lebensmittelhandel gibt es nur Gewinner, betont er. „Bei jenen, die an Hotels und die Gastro liefern, oder vom Frühstücksgeschäft in Bürovierteln gelebt haben, ist die Lage nach wie vor schwierig.“ Und ob die Baumärkte auch weiterhin so gute Umsätze oder primär von Vorziehkäufen profitiert haben, bleibe abzuwarten.

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