Neue Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln: EU geht wichtigen Schritt

Auch bei Tomaten soll die Neue Gentechnik zum Einsatz kommen
Umweltausschuss im EU-Parlament entscheidet sich für leichte Zulassung und gegen Kennzeichnung von genmanipulierten Pflanzen

„Gefahr für Bio-Bauern“, „Rechte der Konsumenten missachtet“, „Kniefall vor der Industrie“: Mit einhelligem Entsetzen und Empörung reagieren Grüne, Sozialdemokraten und Umweltschützer auf eine aktuelle Entscheidung im Umweltausschuss des EU-Parlaments. Es ist ein, wenn auch knappes „Ja“ für einen erleichterten Einsatz der sogenannten „Neuen Gentechnik“ in der Landwirtschaft und somit auch in Lebensmitteln.

Bisher streng geregelt

Der Einsatz von Gentechnik ist in der EU seit mehr als 20 Jahren streng geregelt. Pflanzen, die durch Genmanipulation entstanden sind, müssen aufwendige Prüfverfahren durchlaufen und dürfen, ebenso wie die daraus entstehenden Produkte, nur klar gekennzeichnet auf den Markt gebracht werden.

"Genschere"

In den vergangenen Jahren aber hat die Forschung neue Methoden der Genmanipulation entwickelt. Die wichtigste: Die auch als „Genschere“ bezeichnete CRISPR-Cas-Technik, deren Entdecker sogar mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Anders als die früheren Methoden ermöglicht die „Neue Gentechnik“ vergleichsweise gezielte Eingriffe in das Erbgut von Pflanzen, Tieren, oder Mikroorganismen.

Neben der Medizin setzt die landwirtschaftliche Industrie große Hoffnungen in die Neue Gentechnik. Hunderte genmanipulierte Pflanzen, von der Tomate bis zum Weizen, sind in der Entwicklung, Patente eingereicht.

Wie normale Pflanzen

Um diese Entwicklung auch in Europa voranzutreiben, hat die EU-Kommission einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Zulassung der Produkte der Neuen Gentechnik vereinfacht. Man unterscheidet zwischen zwei Stufen der Genmanipulation. Eingriffe, die als begrenzt bewertet werden, werden natürlichen Pflanzen und deren Produkten gleichgestellt. Die Begründung: Genetische Veränderungen dieser Art könnten auch durch konventionelle Züchtung entstanden sein. Produkte, also Lebensmittel, die so hergestellt werden, müssen nicht mehr gekennzeichnet werden.

"Gegen die Menschen"

Inakzeptabel findet das etwa der EU-Abgeordnete der SPÖ, Günther Sidl: Die Mehrheit im EU-Umweltausschuss stelle sich frontal „gegen die Mehrheit der Menschen in Europa“. Die würde gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel sehr kritisch sehen.

Recht der Konsumenten

Gänzlich abgelehnt werden die Methoden von keinem der Gegner. Es gehe vielmehr um eine verpflichtende Kennzeichnung der Produkte, wie sie auch bisher vorgeschrieben war. Die Konsumenten hätten ein Recht darauf, zu erfahren, wie ihr Essen hergestellt werde, betont die Umweltschutzorganisation Global 2000.

Nicht gegen Klimawandel

Das zentrale Argument der Befürworter, nur mit der „Neuen Gentechnik“ könne sich die Landwirtschaft auf den Klimawandel einstellen, wollen die Umweltschützer jedenfalls nicht gelten lassen. Man verweist auf eine aktuelle Studie des Deutschen Naturschutzbundes. Der hat die mit Hilfe der Neuen Gentechnik gebastelte Pflanzen untersucht. Ergebnis: 90 Prozent davon wären natürlichen Pflanzen gleichgestellt. Die Eigenschaften, die man ihnen so mehrheitlich angezüchtet habe, würden aber nicht gegen Klimawandel helfen, sondern den Verkauf fördern, wie etwa nicht welkender Salat, oder Tomaten mit blutdrucksenkender Wirkung.

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