Ziemlich gut veranlagt: Warum kann Boeing Alphabet überflügeln?
Aktuell legen viele Konzerne ihre Zahlen fürs vierte Quartal und das gesamte abgelaufene Jahr. Darunter auch Flugzeughersteller Boeing und Google-Mutter Alphabet.
Diese hat Ende Jänner seine Zahlen für das vierte Quartal 20223 veröffentlicht. Das Unternehmen konnte im Vergleich zum Vorjahresquartal sowohl seinen Umsatz als auch seinen Gewinn deutlich steigern. Der Umsatz legte um 13,5 Prozent auf 863 Milliarden Euro zu. Der Gewinn pro Aktie lag bei 30,68 Dollar, was einer Steigerung von 30,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht.
Das Umsatzwachstum wurde vor allem durch den Bereich Google Cloud getrieben, der im Quartal um 45 Prozent auf 55,3 Milliarden Dollar wuchs und der schnellst wachsende Bereich von Alphabet ist. Das ist das höchste Umsatzwachstum in der Geschichte des Unternehmens. Der Bereich Google Cloud bietet Unternehmen eine breite Palette von Cloud-Computing-Diensten an, darunter Compute Engine, Kubernetes Engine und App Engine.
Der Bereich Anzeigen, der das Kerngeschäft von Alphabet ist, wuchs im Quartal um 22 Prozent auf 68 Milliarden Dollar. Das ist das niedrigste Umsatzwachstum im Bereich Anzeigen seit dem dritten Quartal 2020. Der Rückgang ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, darunter die Inflation, den Krieg in der Ukraine und die zunehmende Konkurrenz von anderen Technologieunternehmen wie Meta und TikTok.
Der Bereich Hardware, zu dem unter anderen die Pixel-Smartphones, die Nest-Heimgeräte und die Fitbit-Fitnesstracker gehören, wuchs im Quartal um 23 Prozent auf 6,8 Milliarden Dollar. Das ist das höchste Umsatzwachstum im Bereich Hardware seit dem ersten Quartal 2020. Das Wachstum wird durch zunehmende Nachfrage vorangetrieben.
Wie es bei Boeing lief
Die Nachfrage wäre beim Flugzeugbauer Boeing durchaus vorhanden, bloß kann der Hersteller sie - teilweise aus eigenem Verschulden - nicht erfüllen. Vor allem was den Mittelstreckenjet 737 Max betrifft.
Probleme dort und bei und anderen Modellen haben Boeing 2023 das fünfte Verlustjahr in Folge eingebrockt. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von mehr als 2,2 Mrd. US-Dollar (2,03 Mrd. Euro). Konzernchef Dave Calhoun wollte sich bei der Vorlage gar nicht zu den Geschäftsaussichten äußern. "Wir werden uns einfach auf jedes nächste Flugzeug konzentrieren."
2022 war das Minus mehr als doppelt so hoch gelegen, und im vierten Quartal lief es für Boeing zwar nicht so schlecht wie von Analysten erwartet. Im vergangenen Jahr lieferte Boeing 528 Passagier- und Frachtjets aus und damit zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Der Umsatz stieg sogar um 17 Prozent auf 77,8 Milliarden Dollar.
Hohe Mehrkosten
Doch die Produktionsmängel und Nacharbeiten an Mittelstreckenjets aus der 737-Max-Reihe und an Langstreckenmaschinen vom Typ 787 "Dreamliner" zogen das Ergebnis ebenso ins Minus wie hohe Mehrkosten für das künftige US-Präsidentenflugzeug Air Force One, die Tankjets für die US-Luftwaffe, ein Schulungsflugzeug und eine Tarnkappendrohne.
Boeing darf die Produktion der 737-Max-Reihe auf Geheiß der US-Luftfahrtbehörde FAA vorerst nicht mehr ausweiten. Denn nach einem Beinahe-Unglück einer 737-9 Max Anfang Jänner nimmt die Aufsicht die Produktion der gesamten Modellreihe unter die Lupe. Eigentlich wollte das Management die Produktion der 737-Jets bis spätestens 2026 auf monatlich 50 Maschinen hochfahren. Jetzt bleibt es bei 38 Jets pro Monat.
Die Boeing-Aktie konnte nach Bekanntwerden der vom Verlust gekennzeichneten Zahlen 5,3 Prozent steigen. Jene von Alphabet verloren trotz eines hohen Gewinns 7,6 Prozent. Es stellt sich die Frage: Warum?
Die Erklärung ist relativ einfach: Die Erwartungen der Analysten wurden verfehlt. In einem Fall überschätzt, in anderen Fall unterschätzt. Bei Alphabet lagen zwar die Zahlen insgesamt über den Erwartungen, allerdings nicht im Kerngeschäft Werbung. Wie erwähnt, gab es hier das niedrigste Umsatzwachstum seit drei Jahren. Auch bezüglich KI sahen Analysten Schwächen gegenüber Konkurrent Microsoft.
Bei Boeing wiederum lagen die Umsätze im vierten Quartal um knapp eine Milliarde über den Erwartungen, der Verlust je Aktie betrug "nur" 0,47 Dollar je Aktie gegenüber erwarteten 0,76 Dollar. Das sind somit gute Nachrichten für Investoren, allerdings erst auf dem zweiten Blick...
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