Geldanlage: Mikrofinanz als kleines Investment mit großer Wirkung

Kühe im Stall – so ungewöhnlich für afrikanische Kleinstbauern, dass es auf Fotos festgehalten werden muss.
Die Mittel sollen den Unternehmergeist in Entwicklungs- und Schwellenländern entfachen und Anlegern nachhaltige Renditen bringen.

Im Herzen von Suryapet in Indien betreibt Meena Nagamani mit ihrem Mann ein florierendes Farbengeschäft. Ihr Klientel? Bauunternehmen, Maler und Dekorateure. Um ihre Produktpalette zu erweitern, sicherte sie sich 2021 ein Darlehen von 100.000 indischen Rupien (ca. 1.200 Euro) von Vreedhi Financial Services, einem Partner von Oikocredit. Ihre vorbildliche Tilgung ermöglichte ihr bald ein zweites Darlehen von 200.000 Rupien (ca. 1.400 Euro). Mit dieser Finanzspritze erweiterte sie ihr Angebot, gewann mehr Kunden und steigerte ihre Einnahmen. Nun träumt Nagamani davon, das Geschäftsgebäude zu erwerben und es weiter zu vergrößern.

➤ Mehr lesen: Oikocredit-Regionschefin: „Leben im positivsten Sinn verändern"

Diese Geschichte aus Indien ist kein Einzelfall: Ein Betrag von nur 1.200 Euro kann in bestimmten Regionen der Welt das Leben einer Familie umkrempeln. Während solch eine Summe in Ländern wie den USA oder Deutschland kaum einen Unterschied macht, kann dieses Geld in Ländern wie Indien, Afrika oder Bangladesch große Veränderungen bewirken. Martin Cech, Fondsmanager des Erste Responsible Microfinance: „Mikrofinanzinstitute sind in Entwicklungs- und Schwellenländern ein essenzieller Baustein für Unternehmertum. Sie unterstützen Menschen mit Geschäftsideen, die sonst keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hätten und das nicht nur monetär, sondern auch durch fortlaufende Beratung und Betreuung.“ Mikrokredite bieten somit die Chance, den Grundstein für nachhaltige Selbsthilfe zu legen.

Investieren und helfen

Für Anleger lohnt es sich, besonders in Krisen in Mikrofinanzfonds oder auch Genossenschaften wie Oikocredit zu investieren. Alexandra Bolena, Geschäftsführern der Bolena Impact-Investments: „Anleger bringen mit Mikrofinanz-Investments Diversifikation in ihr Portfolio und erzielen relativ sicher marktunabhängige, wenn auch bescheidene Rendite. Mikrofinanzfonds bewirken zudem etwas, indem sie als Initialzündung für ökonomisches Wachstum im globalen Süden dienen. Sie stiften nicht nur in ökonomischer Hinsicht Sinn.“ Dabei erwiesen sich diese Fonds als besonders krisenresistent. Cech: „Mikrofinanz hat mit Anlagekategorien wie Aktien und Anleihen eine sehr niedrige Korrelation. Wie es dem Mikrokreditnehmer in einem Entwicklungs- oder Schwellenland mit seinem Geschäft ergeht und ob er seine Kreditraten zurückzahlen kann, ist sehr stark von der Entwicklung der Weltwirtschaft abgekoppelt.“

Solide Schuldner

Auch wenn in den hintersten Winkeln des Globus in Kleinunternehmen investiert wird, zeigt sich, dass die Schuldner ihr Geschäft sehr ernst nehmen. Friedhelm Boschert, seit 2014 ehrenamtlicher Vorstandschef der Mikrofinanzorganisation Oikocredit: „In der Tat hat noch nie jemand bei der 1975 gegründeten Oikocredit nur einen Cent verloren. Auch die durchschnittliche Kreditausfallrate von etwa einem Prozent kann sich sehen lassen.“

Dieses Faktum ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass viele der Kreditnehmer von Mikrofinanzinstituten als nicht bankfähig gelten. Das bedeutet, dass ihnen reguläre Finanzinstitute in ihren Ländern keinen Kredit gewähren würden. Boschert: „Doch gerade diese Tatsache macht sie oft besonders engagiert und vertrauenswürdig. Erstmals fühlen sie sich als Partner auf Augenhöhe anerkannt. Zudem werden sie von der Kreditaufnahme bis zur Rückzahlung intensiv beraten und begleitet.“ Zudem zeigt sich, dass das weibliche Geschlecht deutlich besser die Finanzen verwaltet als Männer. Cech: „Studien belegen, dass bei Frauen als Mikrokreditkunden tendenziell eine höhere Rückzahlungsmoral besteht. Dies mag auch auf das Verantwortungsbewusstsein für die Familien und die Ausbildung für Kinder zurückzuführen zu sein. Im Erste Responsible Dachfonds sind durchgerechnet 67 Prozent der Kreditnehmer weiblich.“

Wenige Anbieter

In Österreich gibt bisher nur sehr wenige Anbieter, bei denen Privatanleger in Mikrofinanzorganisationen oder Fonds investieren können. Bolena: „In Österreich dürfen Mikrofinanzfonds – im Gegensatz zu Deutschland und der Schweiz – nur professionellen und semiprofessionellen Anlegern angeboten werden. Sehr wohl besteht für Anleger mit sozialem Gewissem aber die Möglichkeit, in einen Mikrofinanz-Dachfonds der Ersten Asset Management zu investieren oder sich bei Oikocredit, einer Pionierin im Segment Mikrofinanz, zu beteiligen.

➤ Mehr lesen: Kritik an Oikocredit wegen Überschuldungskrise in Kambodscha

Zwei Wege, eine große Mission

Wie können Anleger in Mikrofinanzen investieren? Dazu zwei Beispiele:

Erste Responsible Microfinance: Der Dachfonds (ISIN: AT0000A0G256) setzt auf Mikrofinanzinstrumente und investiert bis zu zehn Prozent in Unternehmen und Mikrofinanzinstitute. Dabei steht die Unterstützung von Existenzgründern und Kleinstbetrieben in Schwellenländern im Mittelpunkt. Anstatt nur Konsumkredite zu fördern, legt der Fonds Wert auf Darlehen, die neue Einkommensquellen erschließen, Geschäftsideen verwirklichen und neue Arbeitsplätze schaffen. Bei diesem Fonds steht nicht die Rendite für die Anleger  im Fokus, sondern die positive Auswirkung auf Umwelt und Gesellschaft werden priorisiert. Seit Jahresbeginn erzielte der Fonds ein Plus von zwei Prozent.

Oikocredit: Seit ihrer Gründung im Jahr 1975 steht die niederländische Genossenschaft Oikocredit für ethische Geldanlagen. Heute vertrauen dem Unternehmen weltweit rund 55.000 private und institutionelle Investoren ein Kapital von  1,1 Milliarden Euro an. Allein in Österreich haben etwa 6.500 Anleger eine Summe von rund 130 Millionen Euro investiert. Der Einstieg ist schon ab einem Betrag von 200 Euro möglich  – ohne feste Laufzeiten. Während die Flexibilität groß ist, bleibt die Dividendenausschüttung auf zwei Prozent beschränkt. Der Beitritt zur Genossenschaft ist einfach: Ein Online-Formular ausfüllen, die Identität prüfen lassen und sofort investieren. www.oikocredit.at
 

Kommentare