Oikocredit-Regionschefin: „Leben im positivsten Sinn verändern"

Caroline Mulwa ist seit Kurzem die erste Frau an der Spitze von Oikocredit für die Region Ost-Afrika. Bei einem Österreich-Besuch spricht sie mit dem KURIER über ihre Vorhaben und warum sie Mikrokredite trotz Kritik richtig findet.
KURIER: 2006 wurde der Nobelpreis für Mikrokredite vergeben. Die Idee verzeichnet Erfolge, erntet aber auch viel Kritik. Was sagen Sie den Kritikern?
Caroline Mulwa: Ich sehe, dass sich Leben im positivsten Sinn verändern. Das ist, was für mich zählt und mich motiviert. Außerdem arbeiten wir zu einem großen Teil mit Frauen zusammen und haben langfristig einen positiven Einfluss auf ihr Leben. Es ist ein Dominoeffekt – eine Mutter, die Souveränität und Selbstständigkeit besitzt, kann das ihren Kindern vorleben und das wirkt sich generationsübergreifend aus.
Mikrokredit an Arme
Oikocredit ist eine weltweite Genossenschaft und vergibt seit mehr als 45 Jahren Mikrokredite an die Ärmsten der Welt. Mit kleinen Summen können Menschen, die keinen Zugang zu Bankkrediten haben, die Basis für ein selbstständiges Einkommen legen.
Regionschefin
Caroline Mulwa arbeitet seit 15 Jahren für Oikocredit in Nairobi. Davor war sie für eine kommerzielle Bank tätig, wo sie aber den sozialen Aspekt vermisste.
Oikocredit ist nicht der einzige Mikrokredit-Anbieter in Afrika. Werden Sie von Konkurrenz überholt?
Ich sehe andere nicht als Konkurrenten, sondern als Mitstreiter. Unser Anliegen ist es, nachhaltig zu agieren. Wir setzen auf langjährige Partnerschaften und begleiten unsere Projekte länger als andere Organisationen. Wir wollen Projekte, die langfristig zu Eigenständigkeit führen. Zum Beispiel statten wir kleine Gemeinden mit Solartechnik aus – damit haben sie ihren eigenen Strom und sind auf lange Sicht eigenständig.
Welche Auswirkungen haben Pandemie und der Ukraine-Krieg in Ihrer Region?
Auch hier treiben die Inflation und die Energie- und Weizenpreise nach oben. Die letzten zwei Jahre waren nicht ohne. Viele Länder haben ihre Wirtschaftstätigkeit stark runtergefahren und strenge Kontaktbeschränkungen waren wegen des mangelnden Gesundheitssystems sehr wichtig. Dennoch gibt es zum Beispiel in Kenia, nach den beiden Wachstumsjahren 2020 und 2021, wieder ein Plus und das liegt weit über den Erwartungen.

Digitalisierungsprojekt in Afrika
Wie geht es den jungen Menschen in so volatilen Zeiten?
Wir sehen viele technologische Innovationen – von digitalen Bezahlmöglichkeiten oder Lieferdiensten. Das haben die Kontaktbeschränkungen ausgelöst und das führt letztendlich zu größerer finanziellen Inklusion. Start-ups waren damit schneller als kommerzielle Banken. Hier geben vor allem junge Leute den Ton an.
Was werden Sie als neue Chefin verändern?
Wirtschaftliche Selbstständigkeit ist Motor unserer Strategie. In Zukunft wollen wir uns im Bildungsbereich stark machen. Gleichzeitig ist es uns wichtig, vorhandene Partnerschaften zu stärken und natürlich ein neues Team aufzubauen.
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