Gaspreise sinken, Entlastung für Haushalte nicht in Sicht
Die Großhandelspreise für Gas in Europa sind in den letzten Wochen deutlich gefallen. Bei den Konsumentinnen und Konsumenten ist deswegen aber nicht mit einer Entlastung zu rechnen.
Am Montag kostete eine Megawattstunde Erdgas zur Lieferung im November am für Europa wegweisenden Handelsplatz TTF in Amsterdam erstmals seit Mitte Juni wieder weniger als 100 Euro. Das ist zwar immer noch gut drei Mal so hoch, wie im fünfjährigen Durchschnitt, aber weit weg von den Preisspitzen von bis zu 350 Euro im August.
Noch deutlich niedrigere Gaspreise von weniger als 40 Euro pro Megawattstunde zeigt das kürzlich vom Klimaschutzministerium gestartete Energie-Dashboard. Allerdings wird hier ein "Day-Ahead"-Preis angezeigt, also für Lieferungen am Folgetag. Das hilft den meisten Abnehmern nichts, denn für das Erdgas braucht man gegebenenfalls freie Speicherkapazitäten.
Die europäischen Erdgasspeicher sind derzeit aber gut gefüllt und der Verbrauch ist wegen der warmen Temperaturen vergleichsweise niedrig. Auch die Nachfrage in Asien ist derzeit relativ gering, sagt Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der Regulierungsbehörde E-Control zum KURIER. Das G’riss um kurzfristige Lieferungen ist deswegen niedrig, um ein langfristiges Phänomen dürfte es sich bei den niedrigen tagesaktuellen Preisen aber nicht handeln.
Sie sind also wohl ein Indikator für eine gute Versorgungslage, das bedeutet aber nicht, dass das Gas im Winter nicht knapp werden kann. Die EU-Staaten insgesamt können weniger als ein Drittel ihres (28 Prozent) Vorjahresbedarfs einspeichern. Auch Gas sparen bleibt deswegen angesagt.
Für Großabnehmer wie die Industrie bedeuten sinkende Großhandelspreise grundsätzlich eine Entlastung. Und da mit den Energie- die Produktionskosten sinken, kann das auch die Inflation etwas einbremsen. Allerdings nur bedingt: Denn wer seine Produktion absichern will, kauft für gewöhnlich längerfristig ein – nicht zuletzt, um sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Und die Gaspreise im ersten Quartal 2023 und darüber hinaus liegen derzeit mit 130 bis 142 Euro deutlich höher. Dass die Preise auch im Sommer nicht niedriger sind, erklärt sich daraus, dass Europa die Speicher dann wieder auffüllen muss und derzeit nicht damit gerechnet wird, dass wieder deutlich mehr russisches Gas geliefert wird.
Weiter steigende Preise für Haushalte
Bei den meisten Haushalten und kleinen Unternehmen kommen diese Entwicklungen erst mit Verspätung an. Denn ihre Lieferverträge sind zwar meist über einen Index an die Großhandelspreise gebunden, die Anpassung erfolgt aber bei den meisten Verträgen erst im Nachhinein, etwa ein Jahr rückwirkend. Und da die Preise heuer insgesamt höher waren als 2021, ist damit zu rechnen, dass auf diese Konsumentinnen und Konsumenten sogar noch eine nachholende Teuerung zukommt, sagt Mayer.
Eine Ausnahme davon sind die sogenannten "Floater"-Tarife, die direkt an die Großhandelspreise gekoppelt sind und mit ihnen schwanken. Was allerdings billiger – oder weniger teurer – werden könnte, sind die Tarife bei neuen Lieferverträgen. Diese sind seit September bereits wieder leicht gesunken, wenn auch auf hohem Niveau.
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