G20 und EU wollen Steueroasen das Wasser abgraben

G20 und EU wollen Steueroasen das Wasser abgraben
EU-Länder müssen Steuerdeals für Großkonzerne rückwirkend seit 2012 offenlegen.

Internationale Konzerne können ihre Steuerbelastung künftig nicht mehr ganz so leicht kleinrechnen: Sowohl in der EU als auch global kommen strengere Regeln. In Brüssel einigten sich die EU-Finanzminister am Dienstag auf mehr Transparenz für Steuervorbescheide ("tax rulings"). Damit sind Sondervereinbarungen gemeint, die von einigen Steuerbehörden heimlich mit Konzernen ausgehandelt wurden. Im Zuge der "Lux-Leaks-Affäre" waren solche legalen, aber unfairen Absprachen an die Öffentlichkeit gelangt. Insbesondere Irland, Niederlande und Luxemburg stehen im Verdacht, Konzernen wie Apple, Starbucks und Amazon oder Fiat vorteilhafte Steuerdeals eingeräumt zu haben – zulasten anderer Unternehmen und Länder. Mehr Transparenz soll dem einen Riegel vorschieben: Ab 2017 tritt ein automatischer Informationsaustausch in Kraft – und zwar rückwirkend für noch gültige Vorbescheide ab 2012. Klein- und Mittelbetriebe sind bis April 2016 ausgenommen.

"Fauler Kompromiss"

EU-Abgeordnete wie Markus Ferber (CSU) oder Sven Giegold (Grüne) kritisieren, dass die EU-Staaten die Infos nur untereinander weitergeben. Die Kommission erhalte hingegen nur Statistiken – ohne Unternehmensnamen. "Die schärfste Waffe der EU-Kommission, Verfahren wegen illegaler staatlicher Beihilfe einzuleiten, bleibt außer Gefecht", so Giegold. Er fordert zur Abschreckung eine zentrale Datenbank.

Heute, Mittwoch, sollen die Finanzminister der zwanzig größten Wirtschaftsnationen (G20) in Lima (Peru) einen Aktionsplan gegen Steuerdumping beschließen. 62 Staaten wollen sich dem anschließen. Bis alle 15 Maßnahmen, die die Industriestaatenorganisation OECD vorgeschlagen hat, in Kraft sind, dürften freilich noch Jahre vergehen.

Die Initiative soll verhindern, dass Konzerne ihre Gewinne steuermindernd in Steueroasen verschieben, etwa durch konzerninterne Verrechnung von überteuerten Patenten, Markenrechten oder Kreditzinsen. Konzerne mit mehr als 750 Mio. Dollar Umsatz müssen künftig die Gewinne, Umsätze und Mitarbeiter pro Land aufschlüsseln. Das soll das Aufdecken von Briefkastenfirmen erleichtern. Die Infos erhalten aber nur die Steuerbehörden betroffener Länder.

Das Problem: Viele Staaten sind Opfer und Täter zugleich. "Das System ist unglaublich kompliziert. Jetzt wird es geflickt und noch komplexer", sagt George Turner von Tax Justice Network.

Die 500 größten US-Firmen haben laut einer Studie mehr als 2,1 Billionen Dollar Gewinne in Steueroasen wie Bermuda, Irland, Luxemburg oder Niederlande gebunkert. Bei einer Rückführung in die USA würden rund 620 Milliarden Dollar Steuer anfallen. Der IT-Gigant Apple allein sitzt auf 181 Milliarden Dollar Auslandsvermögen.

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