IWF-Prognose: Fünf magere Jahre für die Weltwirtschaft, China bleibt das Zugpferd
Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine waren offenbar noch nicht genug schlechte Nachrichten für die Weltwirtschaft, könnte man zynischerweise anmerken. Die massiven Zinserhöhungen in den USA und Europa im Kampf gegen die Inflation sowie die jüngsten Turbulenzen im Bankenbereich kommen als Dämpfer dazu. Insgesamt werden die kommenden fünf Jahre mit durchschnittlich rund drei Prozent wohl oder übel die schwächste Wachstumsphase der Weltwirtschaft seit 1990 bringen, prophezeit aktuell der Internationale Währungsfonds (IWF).
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, mit dem der KURIER über die Hiobsbotschaft gesprochen hat, sagt, es handle sich bei einer mittelfristigen Wachstumsrate von drei Prozent um keine Katastrophe, sondern vielmehr um eine Art "Normalisierung". Schließlich habe es in den Jahren mit geringer Inflation und sehr niedrigen Zinsen auch ein paar Jahre mit geradezu "stürmischem Wachstum" gegeben.
Haben die Notenbanken mit den Zinserhöhungen das Wachstum abgewürgt?
Die schwächelnde Konjunktur – heuer nur 2,8 Prozent weltweit – ist eine Art „Kollateralschaden“ der Zinserhöhungen, meint auch Felbermayr. Aber die Bekämpfung der Inflation, die Wohlstand und Ersparnisse vernichtet, habe richtigerweise Vorrang.
Welche Länder trifft es jetzt besonders hart?
Europa und die USA hinken zwar China und Indien, wo die Hälfte des Wachstums der Weltwirtschaft generiert wird, hinterher. Doch problematisch ist die Situation vor allem für die ärmeren Staaten des globalen Südens. Ihnen musste der IWF seit 2020 schon mit Hilfen in Höhe von 300 Milliarden Dollar zur Seite stehen (zuletzt Sri Lanka und Ukraine). Die reicheren Gläubiger-Länder werden hier noch mehr Zugeständnisse machen müssen, fordert IWF-Chefin Kristalina Georgiewa.
Warum tappen immer mehr Länder in die Schuldenfalle?
Für verarmte Länder z. B. in Afrika gibt es meist keinen Anleihemarkt in eigener Währung. Sie müssen sich in US-Dollar verschulden, um an frisches Geld zu kommen. Läuft die Wirtschaft schlechter und wertet die eigene Währung gegenüber dem Dollar ab, werden Schulden- und Zinsdienst immer teurer.
Warum ist China deutlich stärker unterwegs? Wo steht Indien im Vergleich?
China hat die Lockdowns hinter sich, kaum Inflation (nur 0,7 Prozent), die Wirtschaft erholt sich. "Mit den 1,4 Milliarden Einwohnern, die zum durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen der Welt aufgeschlossen haben, ist es auch die schiere Größe", sagt der Wifo-Chef. Chinas Anteil an der Weltwirtschaft sei schon fast so groß wie jener der USA und größer als jener Europas. Zwar wachse China nicht mehr mit zehn, sondern nur noch mit fünf Prozent, doch das Ausgangsniveau sei schon ein sehr hohes, da mache ein Plus um fünf Prozent sehr viel aus. "In Indien ist die Bevölkerung hingegen noch bettelarm. Das Land müsste jedes Jahr um 12, 13 Prozent wachsen, um denselben Beitrag zur Weltwirtschaft zu leisten wie China."
Hängt Asien den Rest der Welt also endgültig ab?
Felbermayr: "Wenn fünf von acht Milliarden Menschen in Asien und Südostasien leben, verschiebt sich das Gravitationszentrum der Welt."
Wo steht Österreich?
Für Österreich rechnet das Wifo heuer mit einer höheren Inflation als noch im Dezember (mehr als sieben Prozent 2023). Das Wachstum soll lediglich 0,3 Prozent betragen, erst im kommenden Jahr wird eine Beschleunigung auf 1,8 Prozent erwartet. Der IWF sieht die Lage ähnlich mau. Heuer wird ein Wachstum um 0,4 Prozent erwartet 2024 ein Plus um 1,1 Prozent.
Kommt eine Rezession?
Für die Eurozone erwartet der IWF heuer ein Wachstum um 0,8 Prozent. Felbermayr: "Trotz aller Schocks, die weh tun, sieht man, dass die Wirtschaft resilient ist. Denn wir steuern – anders als das 2022 befürchtet wurde – auf keine Rezession zu." Zusätzliche Risiken schlummern aber im Finanzsystem, ist der Experte überzeugt.
Was sind weitere Risiken?
Neben der Erderwärmung, die einen Rückgang der CO2-Emissionen erforderlich mache, seien das steigende Lebensmittelpreise. Armut und Hunger in der Welt könnten die Folge sein.
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