Dann scheint es so, als ob Boeing den Problemen davon geflogen ist. Doch zu Beginn des heurigen Jahres macht wieder ein Vorfall mit einer Max-Maschine dem Unternehmen zu schaffen. Sie verliert kurz nach dem Start eine Türverkleidung, erneut kommen Zweifel an der Sicherheit des Typs auf. Und nach wie vor gibt es Gerüchte, etwa über den Tod eines führenden Boeing-Managers. Inzwischen haben Boeing-Chef Dave Calhoun und Verwaltungsratschef Larry Kellner ihren Rückzug angekündigt. Der bisherige Chef der Verkehrsflugzeugsparte gab seinen Posten im März mit sofortiger Wirkung ab.
Auch 777-Fertigung steht still
Das Unternehmen kommt einfach nicht zur Ruhe. Das wird auch in den Geschäftszahlen augenscheinlich. Seit dem Vorfall zu Jahresbeginn steht Boeing unter verschärfter Aufsicht der Behörden und darf die Produktion seiner Mittelstreckenjets aus der 737-Max-Reihe vorerst nicht ausweiten. Daher lieferte Boeing nur 66 Exemplare seines meistgefragten Flugzeugtyps aus und damit rund 60 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Airbus kam mit seinen Konkurrenzmodellen A320neo und A321neo auf 116 Stück. Die Produktion der noch größeren 777-Reihe steht überhaupt still, weil der Hersteller seine Kapazitäten wegen zahlreicher Probleme an anderen Stellen benötigt.
2023 war für Boeing mit einem Minus von 2,2 Mrd. US-Dollar (2,03 Mrd. Euro) das fünfte Verlustjahr in Folge. Immerhin konnte der Verlust zum Vorjahr um die Hälfte reduziert werden.
Seit Jänner verlor die Aktie 31 Prozent, seit fünf Jahren sind es 54 Prozent. Dividende wird seitdem auch keine gezahlt. Getreu dem Motto „Es kann nur besser werden“ liegt das durchschnittliche Kursziel der Analysten auf ein Jahr gerechnet bei plus 38 Prozent vom aktuellen Kurs entfernt. 20 Analysten empfehlen den Titel zum Kaufen oder Aufstocken, 9 zum Halten. Ken Herbert von der Royal Bank of Canada glaubt, dass Boeing im nächsten Jahr den S&P 500 übertreffen werde. Vor allem dank eines neuen CEO und der globalen Luftfahrt, die weiterhin wachse und neue Flieger benötige.
Airbus kann sich kaum retten
Seine Position als weltgrößter Flugzeughersteller hatte Boeing schon 2019 an Airbus verloren. Und wegen der Probleme bei Boeing kann sich Airbus vor Aufträgen kaum retten, die Produktionslinien sind bis 2030 ausgelastet. Davon profitiert wiederum Boeing, weil aufgrund des Duopols bei größeren Fliegern und des hohen Bedarfs der Airlines der Mitbewerber ebenso Aufträge erhält – wenn auch in kleinerem Umfang.
Und wie geht es der Airbus-Aktie? Sie erzielte Ende März ein Allzeithoch von rund 171 Euro. Seit Jahresbeginn liegt sie 14 Prozent im Plus, auf ein Jahr gerechnet sind es 26 Prozent, auf 5 Jahre 33 Prozent. Und die Analysten sind weiterhin zuversichtlich: Das durchschnittliche Kursziel liegt bei plus 26 Prozent. Von 21 Analysten raten 16 zum Kaufen oder Aufstocken, 4 zum Halten, einer zum Verkaufen. Zusätzlich zu einer stabilen Dividende von 1,80 Euro je Aktie gab es für 2023 eine Sonderdividende von 1 Euro.
Platz für kleinere Hersteller
Neben den beiden Platzhirschen konnten sich auch noch andere Flugzeugbauer dauerhaft als eigenständige Konzerne etablieren. Sie haben sich auf kleinere Flieger (für bis zu rund 100 Passagiere) und Privatjets spezialisiert. Dazu zählt allen voran der brasilianische Hersteller Embraer. Der Auftragsbestand erreichte Ende März mit 19,8 Mrd. Euro ein Sieben-Jahres-Hoch. Embraer will heuer 72 bis 80 Verkehrsflugzeuge ausliefern, bei Businessjets es 125 bis 135 sein. Die Aktie des drittgrößten Flugzeugherstellers der Welt legte heuer bereits 41 Prozent zu.
Nicht ganz so gut lief es für Bombardier. Der Titel des kanadischen Herstellers gewann heuer bis dato knapp 9 Prozent. Auf 5 Jahre gerechnet liegt sie knapp im Minus.
Highflyer unter den Kleinen ist Dassault Aviation aus Frankreich mit einem Kursplus von 117 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Fast 60 Prozent des Geschäfts stammen hier aus dem Militärsektor. Auch die anderen Hersteller sind in dem Bereich maßgeblich tätig.
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