Finanzminister gegen Stadt Wien: Schuld(en)zuweisung

Finanzminister gegen Stadt Wien: Schuld(en)zuweisung
Budgetpolitik: ÖVP-Minister Löger und Kanzleramtsminister Blümel rechnen Stadt Wien „bedenkliche Schuldendynamik“ vor

Finanzminister Hartwig Löger ist dank Sondereffekten, niedrigen Zinsen und guter Konjunktur in einer komfortablen Situation. Für 2019 ein Budgetüberschuss von 541 Millionen Euro, die Wirtschaft applaudiert. Die Staatsschuldenquote soll von derzeit 74,5 Prozent des BIP auf 70,9 Prozent sinken.

Bis zum Ende der Legislaturperiode soll sich die Staatsschuldenquote gar den im Maastricht-Vertrag vorgegebenen 60 Prozent nähern. „Auf Bundesebene gehen wir mit gutem Beispiel voran. Erstmals seit 1954 geben wir 2019 weniger aus, als wir einnehmen“, frohlockt Löger.

Keine Freude hat der Finanzminister allerdings mit der Schuldenentwicklung der Stadt Wien: „Die 2016 angekündigte Wiener Verwaltungsreform ist leider im Sande verlaufen. Hier bleibt viel Potenzial auf der Strecke.“

Wien habe eine bedenkliche Schuldendynamik, die der Bund oder die anderen Länder so nicht aufweisen würden.

Kanzleramtsminister und Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel wird noch deutlicher: „Der Wiener Schuldenberg stieg von 1,39 Milliarden (2007) auf 6,41 Milliarden im Vorjahr. Das ist ein Plus von 360 Prozent. Inklusive den Schulden der Unternehmen beträgt der Schuldenstand sogar 9,4 Milliarden Euro“, rechnet Blümel vor.

Allein Wiener Wohnen sitzt auf Verbindlichkeiten von 2,6 Milliarden. Was dem Krankenanstaltenverbund (KAV) durch das Desaster um das Krankenhaus Nord finanziell blüht, ist derzeit noch gar nicht abzusehen.

Die Bundeshauptstadt hat offenbar kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Die Gelder aus dem Finanzausgleich flossen in den letzten Jahren reichlich. Von 4,54 Milliarden im Jahr 2009 auf 6,02 Milliarden im Vorjahr. Wien kommt nämlich beim Umverteilungsschlüssel gut weg. Würden die Bundes-Gelder pro Kopf verteilt, bekäme Wien rund 450 Millionen Euro weniger.

„Bei den eigenen Steuern erhöht Wien kontinuierlich. 2009 betrugen die Einnahmen 1,114 Milliarden, 2017 waren es schon 1,409 Milliarden“, kritisiert Blümel. Warum die Neuverschuldung trotzdem jedes Jahr steige, „ist völlig unverständlich“.

Langzeit-Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) hatte die wachsende Verschuldung immer damit verteidigt, dass Wien sich aus der Finanz- und Wirtschaftskrise hinaus investiere. Wenn sich das Wirtschaftswachstum auf einem höheren Niveau stabilisiert habe, werde Wien Schulden zurückzahlen.

Fragt sich, wann? Der Schuldenberg der Stadt wurde im Vorjahr noch einmal höher – um 410 Millionen Euro. Brauner-Nachfolger Michael Hanke will für 2020 ein Nulldefizit schaffen.

Eines der Lieblingsthemen der Wiener ÖVP ist die Reform der Mindestsicherung. „Sparen im System heißt nicht automatisch, bei den Sozialausgaben sparen“, assistiert Löger. „Wir geben im Budget 2018 49,6 Prozent und im Jahr 2019 rund 50,7 Prozent für soziale Sicherheit aus.“

Dass „seine“ Schuldenkurve nach unten gedreht hat, verdankt der Finanzminister zu einem guten Teil ausgerechnet den Banken. Die staatliche Bankenhilfe und die Schulden der Abbaubanken ließen die Quote ab 2009 nach oben klettern. 2015 erklommen die Staatsschulden mit 84,3 Prozent den absoluten Höchstwert.

Ende des Vorjahres wurde nicht nur das Defizit kleiner, sondern vor allem die Schulden der Abbaubanken KA-Finanz (Kommunalkredit), Heta (Hypo Kärnten) und Immigon (Volksbanken). Deren Abwicklung dürfte auch für die nächsten Jahre besser laufen als ursprünglich geplant war, vor allem bei der Heta.

Finanzminister gegen Stadt Wien: Schuld(en)zuweisung

Kommentare