Finanzminister Brunner: „Das ist der Preis der Freiheit“
Das Abkoppeln russischer Banken vom internationalen Banken-Informationssystem Swift sowie die Blockade der russischen Zentralbank haben bereits massive Auswirkungen gezeigt. Die EU hat Russland sozusagen den Wirtschaftskrieg erklärt.
Österreichs Finanzminister Magnus Brunner hält die Isolierung der russischen Zentralbank für das "Herzstück" der EU-Sanktionen. Der Schritt habe bereits zu "historischen Verwerfungen" auf dem russischen Finanzmarkt geführt – wie die Verdopplung der Leitzinsen und die massive Rubel-Abwertung gezeigt hätten.
Den Bedarf eines Schutzschirmes für Österreichs Banken, allen voran für die stark in Russland engagierte Raiffeisen Bank International (RBI), sieht Brunner derzeit nicht gegeben. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hat das ins Spiel gebracht. Er, Brunner, stünde mit den heimischen Banken im ständigen "sehr intensiven Austausch", sagte der Finanzminister am Montag dem KURIER.
Ausreichend Kapital
Und weiter: "Die Banken haben klargestellt, dass sie stabil und gut aufgestellt sind." Die Institute hätten schließlich ihre Lehren aus der Finanzkrise gezogen, hätten "Vorsorge getroffen" und seien ausreichend kapitalisiert.
Auch die Gefahr eines Bank-Runs, also eines kurzfristigen massiven Abzugs von Kundengeldern bei heimischen Banken, sieht Brunner nicht.
Herausforderung für Banken
Dennoch seien die EU-Sanktionen und mögliche Gegenmaßnahmen von russischer Seite natürlich auch eine "gewisse Herausforderung für unseren Bankensektor", wie man beispielsweise an den aktuellen Problemen der Sberbank sehe. Freilich sei der Europa-Arm der russischen Großbank hierzulande nicht systemrelevant und die Auswirkungen des Moratoriums durch europäische Behörden und die FMA über die Bank für den Gesamtsektor überschaubar, relativierte der Minister.
Fraglich ist, wie heftig sich die EU-Sanktionen und die zu erwartende Antwort Moskaus auf die Wirtschaftserholung in Österreich auswirken werden, etwa was den Anstieg der Inflation betrifft. Schließlich wird damit gerechnet, dass die Preise für Öl und Gas weiter massiv steigen werden. Brunner: "Ja, natürlich sind die Sanktionen auch bei uns eine Herausforderung für den Aufschwung. Gewisse Auswirkungen werden wir sehen, aber das ist der Preis der Freiheit."
Wachstum bricht weg
Zuletzt war vom Wifo für 2022 ein Wirtschaftswachstum in Österreich von rund fünf Prozent erwartet worden. Das wird nun revidiert werden müssen: Das Wort Rezession möchte Brunner nicht in den Mund nehmen, „aber die prognostizierten fünf Prozent Wirtschaftswachstum werden schwer zu halten sein. Wir gehen jetzt in Abhängigkeit von der Dauer der Krise von einem etwas schwächeren Wachstum aus“.
Sehr ernst genommen würde im Krisenstab die Gefahr von Cyber-Attacken auf Unternehmen wie Banken. Derzeit gebe es zwar noch keine konkreten Anzeichen, aber „das ist sicher ein wichtiges Thema“, so Brunner.
Ein Thema werden über kurz oder lang bestimmt auch mögliche Hilfen für durch die Sanktionen geschädigte Firmen, wie die staatlichen Hilfen zu Zeiten der Corona-Pandemie.
Brunner sagte dazu: „Entscheidend ist jetzt einmal, dass die europäischen Sanktionen rasch wirken. Dann wird man sehen, wie sie sich auf unsere Firmen auswirken. Klar ist aber auch, die aktuelle Situation ist nicht mit der Pandemie vergleichbar. Bei einzelnen Märkten gibt es ein größeres unternehmerisches Risiko.“
EU-Beitritt? Nichts überstürzen
Was auch kommt, an der Neutralität Österreichs will Brunner auf jeden Fall festhalten. „Das ist gute und gelebte Praxis.“ Die Geschlossenheit der EU mache viel Hoffnung für die Zukunft der Union. Für eine rasche Aufnahme der Ukraine sei es noch viel zu früh. „Diese Diskussion ist erst am Anfang. Entscheidend ist rasch Frieden und Stabilität in der Ukraine zu schaffen.“
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