„Die Börse ist ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Dynamik“, sagt Brezinschek im Gespräch mit KURIER-TV anlässlich des Erscheinens seines neuen Buches ("40 Jahre Finanzmärkte – Wie ich sie sehe“; Raiffeisen Media. 24,90 Euro).
Und diese Dynamik erinnere ihn an die Situation zu Beginn seiner Karriere. „In der Vorbereitung für eine Reihe von Vorträgen bin ich darauf gestoßen, dass die Rahmenbedingungen sich in den letzten Jahren seit der Pandemie drastisch geändert haben“, sagt der seit dem Vorjahr selbstständige Finanzexperte. „Die Inflation ist zurück. Wir haben wieder einen Kalten Krieg. Wir haben Staatsinterventionismus und Budgetdefizite, wir haben Protektionismus, die Globalisierung nimmt ab. Es sind also viele Punkte, die mich an die frühen 80er-Jahre erinnern.“
Daher habe er sich dazu entschlossen, ein Buch über seine Erfahrungen und Eindrücke an den Finanzmärkten in den vergangenen 40 Jahren zu verfassen.
„Ich bin ein bekennender Marktwirtschaftler und habe daher die letzten 40 Jahre genossen, dass hier viel Liberalität, viel wirtschaftliche Freiheiten und Prosperität angekommen sind bei dem Menschen“, so Brezinschek. „Und ich wollte mit dem Buch auch ausdrücken, dass man auch auf die Rahmenbedingungen schauen soll und nicht nur auf das Tagesgeschäft der Politik und der Wirtschaft. Und da sollte man aufpassen, dass man nicht zu viel reguliert, dass man nicht zu einschränkend wirkt, dass man da nicht zu große Versprechungen macht für die Zukunft. Denn irgendwann muss man sich auch fragen ’Woher kommt das Geld?“
EZB-Kritik
Hart ins Gericht geht er in diesem Zusammenhang mit der Politik der Europäischen Zentralbank. Mario Draghi, von 2011 bis 2019 EZB-Präsident, habe das Schuldenmachen zum Geschäftsmodell erklärt. „Negativzinsen waren bis dahin etwas Unvorstellbares. Das wäre genauso, wenn der Bäcker die Semmeln nicht um einen Preis verkauft, sondern mir noch 0,50 Euro in die Hand drückt, damit ich sie ihm abnehme.“ Und die aus der Geldschwemme resultierende Inflation. „Ich war schockiert, dass die Notenbanken diese Entwicklung total unterschätzt haben.“
Die Kerninflation werde hartnäckig hoch bleiben, erst 2025 oder 2026 wird laut Brezinschek das Ziel von 2 Prozent Preissteigerungsrate erreicht. Entsprechend würden die Leitzinsen erst Mitte des nächsten Jahres gesenkt werden, aber noch länger über drei Prozent liegen. „Das Zinsniveau ist aber nicht so dramatisch hoch, dass es die Wirtschaft an den Rande des Ruins bringt.“ Schließlich hab es auch bis 2008 hohe Zinsen gegeben. Apropos Inflation: „Die Vermögenssteuer gibt es schon, das ist die Inflation, weil die entwertet ja das Vermögen.“
Für Brezinschek ist klar: „Der Kreis zu den frühen 80er-Jahren schließt sich. Die goldenen Zeiten an den Finanzmärkten sind vorbei.“ Er will aber keinen Pessimismus verbreiten. „Für einen realen Ertrag kommt man an Aktien nicht vorbei.“ Bei den Kursen von Techaktien rät er aber in Erinnerung an die Dot.com-Blase zur Vorsicht. „Die Bewertungen sind jenseits von Gut und Böse.“ Für Anleihen sei das Umfeld erstmals nach 15 Jahren wieder gut.
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