Finanzmacht Katar: An welchen Firmen das Emirat beteiligt ist
Wer in der Hauptstadt Doha in die Straßenbahn steigt, fährt mit Qualität aus Österreich. Die schmucken Zuggarnituren wurden bei Siemens in Wien-Simmering gefertigt. Bei Siemens hat das Emirat aber nicht nur Straßenbahnen und Umspannwerke eingekauft, sondern auch Firmenanteile. 3,27 Prozent des deutschen Technologiekonzerns gehören dem staatlichen Beteiligungsfonds Qatar Investment Authority (QIA).
Über den Fonds, der sich aus den Öl- und Gas-Einnahmen speist, pumpt das Emirat weltweit Milliarden in ausländische Unternehmen. Und geht dabei strategisch sehr geschickt vor – sowohl nach Ländern als auch nach Branchen. Im Fokus stehen die Themen Technologie, Transport, Finanzdienstleistungen und die Energiewende. Geografisch stehen vor allem die mächtigsten Industrienationen im Visier. Allen voran: Deutschland.
Vor vier Jahren setzte sich der Wüstenstaat zum Ziel, größter ausländischer Investor in Deutschland zu werden. Die Einkaufsliste wird seither immer länger. Im Oktober erwarb die QIA-Tochter Katar Holding über eine Wandelschuldverschreibung in Höhe von 2,5 Mrd. Euro rund 9 Prozent am Energieversorger RWE und dürfte damit größter Einzelaktionär werden.
Volkswagen
An VW hält QIA 17 Prozent der Stamm- und 11,2 Prozent der Vorzugsaktien
Porsche
Der katarische Staatsfonds hält 4,99 Prozent an Porsche
Hapag-Lloyd
12,3 Prozent
Siemens
3,27 Prozent
Deutsche Bank
6,10 Prozent halten die beiden Familenholdings der Herrscherfamilie Al Thani
Royal Dutch Shell
2,4 Prozent
Barclays
5,5 Prozent
Harrods
100 Prozent
Glencore
8,7 Prozent
Credit Suisse
5,0 Prozent
Schlechter Einfluss
Aktionärsvertreter zeigten sich besorgt, der autoritäre Zwergstaat könnte bei RWE Eigeninteressen vor Firmeninteressen stellen.
Einflussreicher und zuweilen umtriebiger Großaktionär ist QIA schon länger beim Autobauer Volkswagen, bei Porsche und bei der Hamburger Reederei Hapag Lloyd. An der Deutschen Bank ist das Herrscherhaus Al Thani über seine auf den Cayman Islands beheimatete Familienholding direkt mit 6 Prozent beteiligt. Interessiert sind die Katarer zunehmend auch an Start-ups, wie der Einstieg beim Pharmaunternehmen Curevac oder der Berliner Vertical-Farming-Firma Infarm zeigen.
Geldgeber für Musk
Außerhalb Deutschlands zählen der aus der Schweiz agierende Bergbauriese Glencore, das Empire State Building, die britische Großbank Barclays und das Londoner Luxuskaufhaus Harrods (100 Prozent) zu den bekanntesten Beteiligungen des Emirats.
Für Irritation sorgte kürzlich die Unterstützung für Tech-Milliardär Elon Musk bei der Twitter-Übernahme. 375 Millionen Dollar steuerte der Fonds im Austausch gegen Aktien von Musks Holdinggesellschaft bei. Einem anderen QIA-Fonds, der Qatar Sports Investment, gehört seit 2011 der Fußballklub Paris Saint-Germain. Der Wert der Beteiligungen wächst rasant. Mit einem Anlagevolumen von insgesamt 445 Milliarden Dollar zählt QIA inzwischen zu den zehn größten Staatsfonds der Welt.
Anders als China verfolgt Katar mit der Einkaufspolitik offiziell finanzielle Interessen, um seine Wirtschaft zu diversifizieren. Nur noch knapp die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entfällt auf Öl und Gas, obwohl halb Europa um Flüssiggas aus dem Emirat buhlt. Neben den USA und Australien ist das Land der drittgrößte Förderer von Flüssiggas. Es wird daher noch reicher.
Finanzieller Schutzwall
Das Land will mit dem Firmennetzwerk auch seinen politischen Einfluss in der arabischen Welt stärken und sich vor nachbarschaftlichen Bedrohungen schützen, sagen Ökonomen mit dem Verweis auf die Blockade Katars durch die arabischen Nachbarstaaten von 2017 bis 2021. Damals wurde befürchtet, die Katarer könnten ihre Position an den zentralen Schaltstellen westlicher Unternehmen nutzen, um Geschäfte mit anderen Golfstaaten zu unterbinden. Auch die Kontakte zu Konzern- und Regierungschefs sind im Nachbarstreit von Vorteil. Letztlich profitieren auch die Firmen selbst, indem sie leichter zu fetten Aufträgen im Wüstenstaat kommen – siehe Siemens.
Seit 2018 wird der Staatsfonds übrigens erstmals nicht von einem Mitglied der Herrscherfamilie Al Thani geleitet, sondern dem früheren Leiter des Qatar Museums und Vorstand der Qatar Bank, Mansoor al-Mahmoud. Er zählt zu den einflussreichsten Kunstsammlern weltweit und baute sein Land zu einem international respektierten Akteur im Bereich Kunst und Kultur auf.
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