Sparbuch statt Formelsammlung: Wie Schüler den Umgang mit Geld lernen

Finanzminister Magnus Brunner trifft Schüler des Pilotprojektes für Wirtschaftsbildung an Wiener Mittelschule
Ein Pilotprojekt soll Kindern und Jugendlichen an Schulen einen gewissenhaften Umgang mit Finanzen vermitteln.

Im Klassenzimmer der 2A in der Wendstattgasse im 10. Wiener Gemeindebezirk ist es ruhig. Einige Schülerinnen und Schüler heben zögerlich die Hand, als die Lehrerin wissen will, ob es noch Fragen gibt. „Muss man gut in Mathe sein, um etwas mit Finanzen zu machen?“, fragt die 11-jährige Vanesa und blickt dabei gespannt in das Gesicht des Finanzministers.

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Der Besuch von Magnus Brunner in der Wiener Mittelschule ist kein Zufall. Die VBS (Vienna Bilingual Middle School) Wendstattgasse ist eine von rund 35 Schulen in Österreich, an der im Herbst 2022 das Pilotprojekt Wirtschaftsbildung startete. Ziel des Programms ist es laut der Stiftung für Wirtschaftsbildung, die die Schulen bei der Umsetzung unterstützt, die Jugendlichen „gut auf ihr Leben nach der Schule vorzubereiten“, so Vorstand Matthias Reisinger. Die Wissensvermittlung findet dabei nicht in Form eines eigenen Schulfaches, sondern im Rahmen fächerübergreifender Projekte statt.

Komplexe Themen vermitteln

Für Anja Grießl, Lehrerin der 2A an der VBS Wendstattgasse, keine einfache Aufgabe: „Wirtschaftsbildung und Finanzbildung sind sehr komplexe Themen. Auch für Erwachsene. Da gilt es die Inhalte altersgerecht herunterzubrechen“, erklärt sie. Derzeit beschäftige die Schülerinnen und Schüler vor allem das Thema der Teuerung. „Die Kinder spüren das. Sie bekommen das mit. Von der Gesellschaft, den Medien und auch von zu Hause. Alles wird immer teurer, das ist ein großes Thema für sie.“

Grießl ist von dem Pilotprojekt, das seit über einem Jahr läuft, überzeugt: „Je früher die Schülerinnen und Schüler einen gewissenhaften Umgang mit Geld lernen, desto verantwortungsvoller können sie auch als Erwachsene damit wirtschaften.“ Die Gefahr einer Überschuldung im späteren Leben könne somit verringert werden.

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Bewusstsein für Geld

Und tatsächlich ist bei den Kindern der 2A bereits ein gewisses Bewusstsein für das Thema zu spüren. Die 11-jährige Vanesa erklärt stolz: „Ich kann sehr gut mit Geld umgehen. Ich hab’s von meinen Brüdern gelernt. Die arbeiten schon und sparen ihr Geld.“ Auch Esther, ebenfalls 11 Jahre alt, überlässt in Sachen Finanzen nichts dem Zufall: „Ich habe sogar schon ein eigenes Sparkonto.“

Medienkompetenz und Finanzbildung

Doch der Umgang mit Geld spielt heute nicht mehr nur in der analogen Welt eine große Rolle. Online-Shops verführen mit bequemen Zahlungsmethoden zum schnellen Kauf. Auf TikTok und Instagram zeigen junge Erwachsene sogar, wie hoch sie sich für ihre Einkäufe im Netz verschuldet haben. Für Finanzminister Brunner eine ernst zu nehmende Gefahr: „Jugendliche, die sich gegenseitig motivieren, mehr Schulden zu machen. Das ist der falsche Weg. Da müssen wir aufklären.“

Für Brunner ist das Thema Medienkompetenz mittlerweile von Finanzbildung nicht mehr zu trennen. Es sei wichtig, den Jugendlichen früh beizubringen, wie man Inhalte auf den unterschiedlichsten Plattformen hinterfragt – und als „richtig“ oder „falsch“ identifiziert.

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