US-Zentralbank-Chef Powell: "Zeit für Zinssenkungen gekommen"
US-Notenbankchef Jerome Powell stellt die Finanzmärkte unmissverständlich auf eine bevorstehende Zinswende ein. „Es ist an der Zeit, die Geldpolitik anzupassen“, sagte er am Freitag in einer Rede auf dem Notenbankertreffen in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming. Die Richtung sei klar, fügte er mit Blick auf eine Lockerung hinzu.
Völlig offen ließ er jedoch, in welchem Umfang die Zinssenkung bei der nächsten Sitzung am 18. September erfolgen wird. Stattdessen verwies er auf noch anstehende wichtige Wirtschaftsdaten, die Einfluss auf die Entscheidung hätten. Konkret nannte er den schwächelnden US-Arbeitsmarkt, während die Inflation nicht mehr zu 100 Prozent im Fokus stünden. „Wir werden alles tun, was wir können, um einen starken Arbeitsmarkt zu unterstützen, während wir weitere Fortschritte in Richtung Preisstabilität machen“, betonte Powell.
Das jetzige Zinsniveau biete der Notenbank reichlich Spielraum, um auf etwaige Risiken zu reagieren, etwa eine weitere unerwünschte Eintrübung der Lage am Arbeitsmarkt. Neue Arbeitsmarktdaten werden Anfang September veröffentlicht.
Ökonomen gehen davon aus, dass der US-Leitzins von aktuell 5,25 bis 5,5 Prozent zunächst um einen Viertel-Prozentpunkt gesenkt wird. Es wäre die erste Senkung seit März 2020, als die Notenbank auf den Konjunktur-Einbruch während der Corona-Pandemie reagierte. Weitere, kleinere Schritte nach unten, dürften im selben Umfang bei den beiden Sitzungen im November und Dezember folgen.
Die Marktreaktionen nach der Rede von Powell fielen erfreut aus und zeigen, dass der Notenbanker lieferte, was die Märkte sich von ihm versprochen hatten. Die US-Börsen verzeichneten am Freitag im Tagesverlauf deutliche Zuwächse. Auch die europäischen Leitindizes gingen beschwingt ins Wochenende. Der deutsche DAX etwa legte um 0,8 Prozent zu, der Wiener ATX um rund 1 Prozent.
Techriesen im Aufwind
Die Aussicht auf eine baldige geldpolitische Lockerung in den USA half vor allem den Aktien wichtiger Technologiefirmen, deren Kurse zuletzt etwas unter Druck gerieten. Die Titel von Branchenriesen wie Microsoft, Amazon, Apple und Alphabet gewannen zwischen rund einem halben und einem Prozent. Fallende Zinsen stützen das Geschäft von Technologieunternehmen, weil sie die für ihr Wachstum wichtigen Investitionen billiger machen.
Der bereits in den vergangenen Tagen deutlich gestiegene Goldpreis zog ebenfalls nach oben. Der Preis für eine Feinunze des Edelmetalls lag am Freitag in London bei 2.513 Dollar. Das war ein Plus von über ein Prozent. Die erwarteten Reaktionen gab es auch an der Währungsfront. Der Kurs des Euro stieg nach den Aussagen Powells am Freitag auf den höchsten Stand seit über einem Jahr. Am Nachmittag notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,1183 Dollar.
US-Börsen schließen nach Powell-Aussagen deutlich im Plus
Die US-Börsen haben indes den Freitag mit klaren Gewinnen beendet. Der Handelstag stand ganz im Zeichen der Rede des US-Notenbankchefs Powell. Der Dow Jones stieg um 1,14 Prozent auf 41.175,08 Einheiten. Der S&P-500 legte um 1,15 Prozent auf 5.634,61 Zähler zu. Der zinssensible Nasdaq Composite steigerte sich um 1,47 Prozent auf 17.877,79 Punkte.
"Wir erwarten die erste Zinssenkung um 25 Basispunkte auf der nächsten Sitzung im September", kommentierten die Experten der Commerzbank die Aussagen des Fed-Chefs. Dass die Zeit reif sei, zeige unter anderem auch eine Regel, die auf den US-Ökonomen John Brian Taylor zurückgeht - der Taylor-Regel. Sie sei zwar nicht auf die Goldwaage zu legen, aber die gesunkene Inflation und der Anstieg der Arbeitslosenquote haben dazu geführt, dass der aktuelle Leitzins selbst bei einer konservativen Annahme zum gleichgewichtigen Realzins inzwischen recht hoch erscheine.
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