Faymann: "Schuldenschnitt ist der richtige Weg"

Faymann: "Schuldenschnitt ist der richtige Weg"
EU-Gipfel: Kanzler Faymann will eine höhere Beteiligung der Banken und einen robusten Rettungsfonds im Kampf gegen die Schulden.

Bundeskanzler Werner Faymann geht mit einer klaren Botschaft in die Gipfelrunde in Brüssel: "Wir dürfen in der Krise nicht nur Sparprogramme erzwingen, sondern müssen gleichzeitig auf gemeinsame Einnahmen, wie die Finanztransaktionssteuer, und auf Investitionen setzen."

KURIER: Herr Bundeskanzler, was ist Ihre Position zu der Ausweitung des Rettungsschirmes, zu Griechenland und dem Bankenpaket?
Werner Faymann: Zuerst etwas Prinzipielles: Es wird in der EU eine Richtungsentscheidung geben müssen: Über einen neuen EU-Vertrag, über neue Einnahmequellen, über Sparen und Investitionen. Wir dürfen mit Kürzungen nicht eine Spirale nach unten auslösen, die eine soziale Kluft bewirkt, aber die Wettbewerbsfähigkeit nicht erhöht. Die Gefahr besteht real. Dafür setze ich mich beim Gipfel ein und dafür, dass die Finanztransaktionssteuer 2014 kommt. Die kann nach unserem Vorschlag jährlich bis zu einer Milliarde Euro an Einnahmen bringen. Das ist mein politischer Grundsatz, der steht über den Detailpunkten.

Auf die Details kommt es bei der Lösung der Schuldenkrise aber an. Sind Sie für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes?
Ich bin dafür, dass die Flexibilität des Schutzschirmes erhöht wird, also jene Versicherungsvariante, die Deutschland vorgeschlagen hat. Aber auch diese muss auf Herz und Nieren geprüft werden, ob sie durchführbar ist. Diese Prüfung wird zwischen Sonntag und Mittwoch stattfinden. Noch niemand kann sagen, was der Schutzschirm am Ende kostet. Ein Geschäft wird es nicht werden. Das möchte ich der Bevölkerung auch sagen können. Ich möchte aber auch sagen, dass der Finanzsektor seinen Teil zur Lösung der Krise beiträgt.

Wie groß wird der Schuldenschnitt für Griechenland ausfallen?
Die Erhöhung der Beteiligung privater Gläubiger wird sicher Richtung 40 bis 50 Prozent gehen. Ein Schuldenschnitt ist der richtige Weg. Wir müssen Griechenland Luft geben, um das Land und seine Wirtschaft wieder aufzubauen.

Im Kontext mit der Griechenland-Hilfe steht die Rekapitalisierung der Banken. Wer soll dafür zahlen?
Für uns ist der Unterschied zwischen Investmentbanken, die stark spekulieren, und Banken mit klassischem Kreditgeschäft sehr wichtig. Der Staat soll mittelfristig nur mehr für jene haften, die in der Realwirtschaft tätig sind. Unsere Banken sind im Unterschied zu ausländischen Banken sehr stark im klassischen Kreditgeschäft engagiert.

Bundeskanzlerin Merkel drängt auf eine Änderung des EU-Vertrages. Wird diese beim Gipfel beschlossen?
Für die Bewältigung der aktuellen Krise bringt eine Vertragsänderung noch nichts. Die Situation in Griechenland oder Italien würde ein neuer Vertrag nicht verbessern. Mittelfristig ist die Vertragsänderung ein Thema. Es wird dann darum gehen, welche Kompetenzen auf EU-Ebene verlagert werden.

Was heißt das konkret?
Etwa ob eine Schuldenbremse im Vertrag vorgesehen sein soll oder die Verankerung der Finanztransaktionssteuer. Selbst wenn ein Konvent im nächsten Jahr eingesetzt werden würde, dauert es zwei Jahre.

Soll das Prinzip der Einstimmigkeit bei EU-Entscheidungen fallen?
Ein Verzicht auf unsere Zustimmung, in welche Richtung sich Europa verändert, wäre völlig falsch. Einen Blankoscheck wird Österreich nicht ausstellen. Niemand kann über uns drüber fahren. Für prinzipielle Entscheidungen, wie zum Beispiel den Rettungsschirm, muss es Einstimmigkeit geben. Dieses Recht darf nicht verloren gehen.

Es gibt Druck von der EU-Kommission, die Einstimmigkeit in Steuer- und Finanzangelegenheiten aufzuheben. Sind Sie dafür, oder verteidigen Sie das Veto?
Ich kann mir das nicht vorstellen, dass jemand verlangt, dass österreichische Steuern zum Beispiel auf ein irisches Niveau gesenkt werden.

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