EZB über Konjunktur besorgt: Dritter Zinsschritt im laufenden Jahr
Der Zinsschritt deutete sich bereits an. Die Inflation in der Eurozone ist auch im September weiter gesunken. Mit 1,7 Prozent lag sie erstmals seit drei Jahren unter dem von der EZB gesetzten Inflationsziel von zwei Prozent. Dazu kamen Anzeichen für eine sich weiter abschwächende Konjunktur.
Die EZB senkte am Donnerstag die Leitzinsen neuerlich um 0,25 Prozentpunkte. Der Einlagensatz, an dem die Banken ihre Spar- und Kreditzinsen ausrichten, beträgt nach der bereits dritten Zinssenkung in diesem Jahr 3,25 Prozent. Der Zinssatz, zu dem sich Banken Geld bei der Notenbank besorgen können, fällt ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent.
Einstimmig
Die Entscheidung erfolgte laut EZB-Chefin Christine Lagarde einstimmig. Das heißt, dass auch der Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und EZB-Ratsmitglied, Robert Holzmann, sich dafür ausgesprochen hat. Er hatte noch Anfang Oktober vor voreiligen weiteren Zinsschritten gewarnt.
Auf weitere Senkungen der Leitzinsen wollten sich Lagarde nicht festlegen. Man werde anhand der Datenlage von Sitzung zu Sitzung entscheiden. Das Tempo, mit dem die Inflation zurückgegangen sei, habe aber auch die EZB überrascht, räumte die Notenbankchefin ein. Man habe der Inflation noch nicht „das Genick gebrochen“, sagte Lagarde: „Aber wir kommen voran.“ Das Ziel von zwei Prozent sei noch nicht dauerhaft erreicht.
Sorgen bereiten Lagarde die Lebensmittelpreise, die sich noch über dieser Schwelle befinden. Sie rechnet damit, dass die Inflation aufgrund der schwankenden Energiepreise in den kommenden Wintermonaten wieder anziehen und im Laufe des nächsten Jahres wieder auf zwei Prozent absinken wird.
Keine Rezession
Die Konjunktur habe sich weniger stark entwickelt als erwartet, sagte Lagarde. Haushalte geben weniger aus. Es werde weniger investiert und auch die Exporte hätten sich abgeschwächt.
Auf Basis der vorliegenden Daten gehe man aber nicht davon aus, dass die Eurozone auf eine Rezession zusteuere. Umfragen deuten darauf hin, dass der Konsum langsam wieder anspringe, sagte Lagarde. Sie rechnet mit einem „schleppenden Wachstum“.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet sogar auf Jahre nur ein schleppendes Wachstum der Weltwirtschaft. Es sei mit einer eher kraftlosen Phase zu rechnen, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa am Donnerstag in Washington, wenige Tage vor Beginn der IWF-Herbsttagung. Das Wachstum werde nicht ausreichen, um Armut effektiv zu bekämpfen oder genügend neue Jobs zu schaffen. Positiv wertere Georgiewa die mittlerweile eingedämmte Inflation.
Weitere Zinsschritte erwartet
Währungsexperten gehen davon aus, dass die EZB noch heuer einen weiteren Zinsschritt setzen wird. Die nächste Sitzung der Notenbanker ist für 12. Dezember anberaumt. Auch eine Senkung von 50 Basispunkten wird nicht ausgeschlossen. Im kommenden Jahr werden ebenso weitere Zinsschritte erwartet.
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