Weitere Lockerung: EZB senkt Zinsen erneut

Weitere Lockerung: EZB senkt Zinsen erneut
Nachlassende Inflation gibt Spielraum: Wie von Experten erwartet lockert die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik weiter. Der maßgebliche Einlagensatz sinkt um 0,25 Punkte auf 3,5 Prozent.

Sinkende Energiepreise haben die Inflationsrate in der Euro-Zone im August auf den niedrigsten Stand seit gut drei Jahren gedrückt. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich um durchschnittlich 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit lag die Teuerungsrate nur noch knapp über dem mittelfristigen Inflationsziel der EZB von zwei Prozent.

Vor diesem Hintergrund der nachlassenden Teuerung, aber auch der Tatsache einer hartnäckigen Wirtschaftsflaute in Europa, lockerte die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag zum zweiten Mal seit Juni die Geldpolitik in der Eurozone.

Wie von Experten nahezu einhellig erwartet, senkten die Währungshüter in Frankfurt rund um EZB-Präsidentin Christine Lagarde den an den Finanzmärkten maßgeblichen „Einlagenzins“ um 0,25 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent. Dieser Zinssatz wird von der EZB seit einigen Jahren als ihr „Leitzins“ betrachtet. Es ist in der Praxis jener Zins den Banken erhalten, wenn sie überschüssiges Geld über Nacht bei der EZB parken. Sinkt dieser Zinssatz, wird es für die Banken also unattraktiver Geld in Frankfurt zwischen zu lagern.

Gleichzeitig wurde am Donnerstag aber auch ein zweiter Schritt gesetzt: Der früher und vielfach im allgemeinen Sprachgebrauch heute noch als Leitzins betrachtete „Hauptrefinanzierungssatz“ wurde vom EZB-Rat sum 0,6 Prozentpunkte auf 3,65 Prozent verringert. Das ist konkret jener Zins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld für eine Woche von der EZB ausleihen können. Seit Juni, als die EZB ihre Zinswende eingeläutet hat, lag dieser Zinssatz bei 4,25 Prozent.

Abstand wird wesentlich verringert

Da die EZB schon im Frühjahr beschlossen hatte, den Abstand zwischen den beiden Zinssätzen im September auf 0,15 Prozent zu verringern, wurde von Ökonomen schon im Vorfeld mit einer stärkeren Senkung beim Refinanzierungssatz gerechnet.

Hintergrund ist etwas kompliziert: Die EZB will durch die Zusammenführung der beiden Zinssätze Anreize für Banken zur Teilnahme an ihren wöchentlichen Kreditgeschäften schaffen und gleichzeitig den Umfang von Zinsschwankungen am Markt begrenzen. 

„Dadurch soll die Volatilität auf den Geldmärkten gering bleiben, auch wenn allmählich die Überschussliquidität abnehmen und die Banken wieder das Hauptrefinanzierungsinstrument nutzen werden“, erklärte dazu Commerzbank-Ökonom Marco Wagner. Die Banken im Euroraum verfügen noch über rund drei Billionen Euro an Überschussliquidität, die sie bei der EZB parken können, womit der Einlagesatz de facto der eigentliche Leitzins ist.

Lagarde hält sich  bedeckt

Mit Spannung wurde auch erwartet, welche Signale Lagarde für die nächste Zinsentscheidung im Oktober geben wird. Zuletzt sind die Erwartungen gestiegen, dass es eine erneute Zinssenkung geben könnte. "In Anbetracht der großen Unsicherheit wird die EZB wahrscheinlich keine klaren Vorgaben für das Tempo und den Umfang ihrer weiteren geldpolitischen Lockerung machen", kommentierte ein Volkswirt der Berenberg Bank vor den Äußerungen Lagards. 

Und so kam es auch: Lagarde ließ nur wenige Wochen vor der nächsten Sitzung im Oktober offen, wie es geldpolitisch weitergeht: „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest.“ Zugleich legte die Zentralbank neue Prognosen zu Inflation und Wirtschaftswachstum in der Eurozone vor. 

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